stiglitz & charlton

Fünf Jahre lang dauerte die WTO-Entwicklungsrunde – seit diesem Sommer gilt sie als gescheitert. Nun ist ein Buch erschienen, das Grundlagen für einen fairen und für Entwicklungsländer akzeptablen Welthandel skizzieren will. Geschrieben haben es der Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz und Andrew Charlton.

Im ersten Teil geben die beiden Autoren einen guten Überblick über die Entwicklung des Welthandels in den vergangenen Jahrzehnten. Deutlich wird: Handel kann den allgemeinen Wohlstand fördern. Eine allgemeine Marktöffnung aber, wie sie die Liberalen fordern, führt zur Spaltung der Gesellschaft und zu immenser Armut. Kenntnisreich skizzieren die Autoren die unterschiedlichen Entwicklungswege Lateinamerikas oder Asiens und bilanzieren, warum die GATT- und WTO-Verhandlungen ungerecht waren.

Der Verbesserungsvorschlag der Autoren ist im Grunde simpel: Alle Länder sollten sich verpflichten, kleineren und ärmeren Ländern freien Marktzugang zu gewähren. Damit wäre das bisherige Prinzip der Gegenseitigkeit aufgehoben und der Süd-Süd-Handel würde einen enormen Aufschwung erleben. Zugleich sollten die Industrieländer auf die Milliardensubventionen für ihre Landwirtschaft verzichten und ihre eigene Marktöffnung nicht durch „trickreiche Umgehungen wie Ursprungsregeln“ untergraben. Zumindest die letzten beiden Punkte sind keineswegs originell – die Machtverhältnisse verhinderten bisher ihre Durchsetzung. Bei dem ersten Punkt dagegen hätte man gerne eine intensivere Recherche gelesen, die die Auswirkungen auf einzelne Länder und verschiedene Bevölkerungsgruppen abschätzt.

Auch ansonsten enthält das Buch eine ganze Reihe Forderungen, die ohne Zweifel richtig sind: Die Industrieländer sollten zur Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Kioto-Protokoll gezwungen werden, und die unterschiedliche Bedeutung von sinkenden Zolleinnahmen und Anpassungskosten für verschiedene Länder ist in eine echte Entwicklungsrunde einzubeziehen. An entsprechenden Vorschlägen hat es in den vergangenen Jahren durchaus nicht gemangelt. Passiert ist nichts.

So bleibt die Lektüre von „Fair Trade“ etwas enttäuschend und stellenweise auch mühsam, weil der Text an vielen Stellen sprachlich verquast ist.ANETTE JENSEN

Joseph E. Stiglitz/Andrew Charlton: „Fair Trade. Agenda für einen gerechten Welthandel“. Übersetzt von Nikolas Bertheau, Murmann Verlag, Hamburg 2006, 378 Seiten, 28,50 Euro