Scheidung im Drogerieregal

KONKURRENZ Budnikowsky und dm waren lange Partner, damit ist jetzt endgültig Schluss. Ab sofort muss „Budni“ seine Kundschaft von neuen Eigenmarken überzeugen

Die Drogeriemärkte Budni, dm und Rossmann haben ein gutes Image. Dafür wurden sie 2014 mit dem CSR-Preis der Bundesregierung für soziale und ökologische Verträglichkeit ausgezeichnet. Doch wie fair sind die Märkte wirklich?

■ Budnikowsy: Nachhaltig heißt bei Budni: Bio, fair gehandelt – oder beides. Laut Geschäftsführer Christoph Wohlke machen Bio-zertifizierte Produkte 13 Prozent des Sortiments aus. Budni hat ein eigenes Tarifsystem, doch liegen die Löhne laut Ver.di Hamburg tendenziell unter Tariflohn.

■ Rossmann setzt vor allem auf Eigenprodukte: „über 40 eigene Produktlinien“ sind es laut Sprecherin Annika Lingner. Mit der Bio-Marke „Enerbio“ bietet Rossmann 240 Bio-Produkte an. Davon Fairtrade: acht. Bei Rossmann verdienen die Mitarbeiter Tariflohn. Rossmann soll aber Tätigkeiten an Fremdfirmen ausgelagert haben. Laut Rossmann wird 93 Prozent der Arbeit von eigenen Angestellten geleistet.

■ dm fasst unter dem Stichwort ökologische Nachhaltigkeit verschiedene Maßnahmen zusammen, unter anderem die Verpflichtung, seinen CO2-Ausstoß innerhalb von drei Jahren um 15 Prozent zu reduzieren. dm ist nicht dem Tarifvertrag angeschlossen, zahlt laut Sprecher Steffen Beblavy aber über Tarif.  MEM

VON LENA KAISER

Alle paar Wochen, wenn Shampoo oder Windeln wieder mal zur Neige gehen, macht sich Anna Weber auf den Weg zum nächsten Budnikowsky. Doch heute dauert der Einkauf länger als sonst. Sie bleibt vor dem Regal stehen und sucht vergeblich nach den gewohnten Artikeln. Bis vor Kurzem standen hier noch Shampoos und Duschgels von dm-Marken wie Alverde oder Balea. Doch ab sofort will die Hamburger Drogeriekette ihre eigenen Marken an die Kundschaft bringen. Mit dem freundschaftlichen Verhältnis der beiden Drogeriemärkte ist es damit vorbei.

Offiziell bemühen sich die langjährig verpartnerten Unternehmen um eine diplomatische Sprachregelung: Die Zusammenarbeit sei im beiderseitigen Einvernehmen aufgekündigt worden, sagt eine Budni-Sprecherin. Doch in einer Erklärung vom April hört man von der kleinsten deutschen Drogeriekette auch andere Töne. Da begründet Budni-Geschäftsführer Cord Wöhlke die Umstellung auf Eigenmarken mit einem starken Konkurrenz- und Preiskampf: „Ein verstärktes Vordringen des Wettbewerbers dm auf Hamburger Gebiet hatte eine Zusammenarbeit am Ende unmöglich gemacht.“ Seit Ostermontag gehen die seit 1999 verpartnerten Drogeriemarktketten damit endgültig getrennte Wege.

Bis 2008 hatte dm der Hamburger Lokalkette das Revier überlassen. Im Gegenzug wurde Budni über eine Kooperation mit dm-Marken beliefert. Doch seit über fünf Jahren eröffnet die Karlsruher Drogeriekette immer mehr Märkte im Hamburger Gebiet, seit der Schlecker-Pleite vor zwei Jahren verstärkt. Die Zusammenarbeit sei für dm kein Hinderungsgrund, mit eigenen Märkten präsent zu sein, erklärt Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung. „Wir wollen mit unserem Drogeriewarenangebot in ganz Deutschland für die Konsumenten erreichbar sein.“ Die Resonanz der Kunden sei positiv, außerdem biete Hamburg genug Potenzial für alle dort vertretenen Drogeriemarktunternehmen.

Doch mit dieser Entscheidung ist eine neue Konkurrenz auf dem Hamburger Markt entstanden. Anders als der hannoversche Konkurrent Rossmann, der seinen Marktanteil in Hamburg in den letzten Jahren relativ stabil hielt, rückt dm Budni inzwischen ziemlich auf die Pelle: Keinen Steinwurf entfernt vom Budni-Flaggschiff in der Europapassage, einer zweigeschossigen Filiale mit Produkten des gehobenen Standards und Einkaufswagen-Paternoster, hat dm vor einem Jahr eine Filiale eröffnet, und auch in Altona befinden sich die Konkurrenten in fußläufiger Nachbarschaft.

Rossmann hat seit dem Auftauchen eigener dm-Märkte in Hamburg nach eigenen Angaben zwei Dependancen eingebüßt und verfügt heute über 38 Filialen in der Stadt. „Wenn Budni also heute in Bedrängnis gerät, dann ausschließlich durch dm“, sagt Rossmann-Sprecher Stephan-Thomas Klose.

Bislang gibt es zehn dm-Filialen in Hamburg – Tendenz steigend. Budni mit seinen 174 Filialen in Norddeutschland muss sich nun bemühen, seine Kundschaft für die Budni-Produkte zu erwärmen. Weil der Übergang nicht ganz einfach ist, blieben bis vor Kurzem sogar ganze Regalzeilen leer. Dass die Etablierung einer Eigenmarke kein leichtes Spiel ist, weiß auch Rossmann-Sprecher Stephan-Thomas Klose: „Es ist kein Pappenstiel, eine eigene Marke mit dem dazugehörigen Verpackungsdesign, der Markenentwicklung und -pflege zu produzieren“, sagt er. Rossmann startete 1997 mit seiner hauseigenen Marke, dm sogar schon früher.

Die langjährige Gewöhnung der Kundschaft an die Marken des heutigen Konkurrenten birgt für Budni noch ein weiteres Problem: Die Kundschaft könnte ihrer gewohnten Marke hinterher zum Karlsruher Konkurrenten laufen. So wie die Mutter aus Othmarschen in Altona einkaufen geht – beim dortigen dm-Markt.