Geschmückt ins Jenseits

Sterben im alten Ägypten, Sterben im alten Amerika: Eine Bonner Ausstellung zeigt die Bestattungsriten beider Kulturen. Auch wenn es nur wenige Gemeinsamkeiten gibt

von DIRK ECKERT

Ihre Beine sind angewinkelt, das Gesicht dem Bonner Hofgarten zugewandt. Sicher, die Frau, die da in der Bonner Uni in einer Vitrine kauert, ist längst tot, ihre Haut trocken, zerfallen. Dafür ist ihr Leichnam aber gut erhalten. Gruselig. Sogar die Farben ihrer Kleider sind nur wenig verblasst. Kein Zweifel: Solche Kleidung wird noch heute in Südamerika getragen.

Wer ist die Frau in der Vitrine? Radiologische Untersuchungen haben ergeben, dass sie 50 bis 60 Jahre alt wurde. Dann ist sie im heißen Wüstenboden an der Küste Perus beerdigt worden. Das hat ihren Leichnam konserviert. Die Inkafrau, die im 15. oder 16. Jahrhundert gelebt hat, wurde zur Trockenmumie, zum Exponat. Zu besichtigen im Ägyptischen Museum der Uni Bonn.

Eine Inkafrau im Ägyptischen Museum? Ja, Ägyptologen und Altamerikanisten der Uni Bonn zeigen ab heute eine gemeinsame Ausstellung über Jenseitsvorstellungen in den verschiedenen Kulturen. Da gibt es manche interessante Parallele. Zum Beispiel die Pyramiden, die sich in Südamerika wie in Ägypten finden. Das hat schon immer zu Spekulationen eingeladen: Haben die alten Ägypter ihr Wissen über den Pyramidenbau etwa nach Amerika weitergegeben?

An der Bonner Universität sind sich Altamerikanisten und Ägyptologen sicher: So kann es nicht gewesen sein. Schon deshalb, weil zwischen dem Bau der letzten Pyramide in Ägypten um 1.800 v.u.Z. und der ersten in Südamerika um 1.200 v.u.Z. rund 600 Jahre liegen.

Außerdem hatten die Pyramiden auf beiden Kontinenten völlig unterschiedliche Funktionen. In Ägypten dienten sie als Begräbnisstätte für die Herrscher. In Altamerika waren sie Kultstätten für die Götter mit einem Tempel oder Altar an höchster Stelle. Das leitet sich aus der Siedlungshierarchie ab: Wer mächtiger ist, wohnt auch höher. Von daher halten die Bonner Wissenschaftler jeden Zusammenhang mit dem Pyramidenbau in Ägypten für unwahrscheinlich. „Solche Theorien gibt es viele“, sagt Altamerikanist René Dehnhardt. „80 Prozent sind unseriös, der Rest ist nicht zu beweisen.“

Was bringt unter diesen Umständen eine gemeinsame Ausstellung? Nicht viel. Sicherlich lassen sich einige Gemeinsamkeiten zwischen altem Ägypten und den altamerikanischen Kulturen von Mayas, Nascas, Zapoteken oder Inkas ausmachen. Alle hatten sie ihre Götter, oft Tiergötter, sie bestatteten ihre Toten, gaben ihnen Grabbeigaben mit, hatten also genaue Vorstellungen von einer anderen Welt und was die Toten dort brauchen. Ein Vergleich zwischen beiden Kulturen mag durchaus interessant sein. Aber er führt nicht weit.

Warum also diese Ausstellung? Es gibt zwei eher profane Gründe, die einen Besuch doch lohnenswert machen. Da wäre erstens die Bonner Altamerika-Sammlung (BASA). 1961 gegründet, verfügt sie mittlerweile über 6.000 Objekte, die aber wegen Raummangels seit 1989 nicht mehr der Öffentlichkeit zugänglich sind. Einige Stücke, darunter die Inka-Mumie, sind nun erstmals wieder zu sehen.

Zweitens hat die Bonner Universität einige neue Exponate bekommen, und zwar aus dem rheinischen Grevenbroich. Weil die dortige Villa Erckens zum stadthistorischen Museum umgebaut wird, gingen rund 1.200 Stücke als Dauerleihgabe nach Bonn. Einige wenige sind derzeit im Ägyptischen Museum ausgestellt.

Dazu gehört auch ein Sarkophagdeckel aus Ägypten aus der Zeit um 300 v.u.Z. Unter den zahlreichen Verzierungen findet sich auch eine Mumifizierung. Dargestellt ist der Totengott Anubis mit seinem typischen Schakalskopf, wie er einen Toten ausnimmt und einwickelt. Natürliche Konservierung im trockenen Wüstensand kannten sie zwar auch. Aber in Pyramiden funktioniert das einfach nicht.

„Tod und Macht. Jenseitsvorstellungen in Altamerika und Ägypten“. bis 18. Februar, Ägyptisches Museum der Uni Bonn, Info: 0228-739710