Frühlingsbrise für die Ohren

BRASIL POP In Frankreich hat die Brasilianerin Flavia Coelho zu ihrem Stil gefunden. Aus Samba, Reggae und Elektronik destilliert sie ihren „Bossa Muffin“

Es war eines dieser Albumdebüts, das aufhorchen ließ. Wie ein leichtes Parfüm, das unmerklich in die Nase steigt, so angenehm schmeichelte sich „Bossa Muffin“ 2012 ins Ohr. Schon der Titelsong machte gute Laune: Auf einem tackernden Reggae-Rhythmus breitete Flavia Coelho die Lebensphilosophie einer Weltenbummlerin aus. Das ganze Album war ein farbenfrohes Kaleidoskop, ein Skizzenbuch der Musikstile, das sich bei Samba und Reggae, bei Bossa Nova und Forro, aber auch bei Calypso, Flamenco und französischem Chanson bediente.

Ihr Werdegang begann einst in Rio mit einer Zeitungsanzeige, mit der eine Band nach einer Sängerin suchte. Als sich die damals 14-Jährige auf die Annonce meldet, beginnt für sie jene musikalische Reise, die sie durch viele Bands und Genres und von Rio de Janeiro nach Frankreich führen sollte. Mit einem Touristenvisum und ein paar Dollars in der Tasche kam sie 2006 nach Paris, um einen Neuanfang zu wagen. Und sie hatte Glück, lief einem Komponisten über den Weg, der ihr riet, das Gitarrenspiel zu lernen, und einem anderen, der ihr die passenden Songs auf den Leib schneidern sollte.

Flavia Coelhos größtes Kapital aber ist ihre ausdrucksstarke Stimme, die sie so vielseitig einzusetzen weiß, wie ein Maler seinen Pinsel benutzt. Mal setzt sie pointiert Akzente, die wie kräftige Farbkleckse auf einer Leinwand wirken, mal zeichnet sie mit breitflächigem Strich ein ganzes Panorama. Dann wieder haucht sie ihre Melodien so zart dahin wie ein in Pastellfarben hingetupftes Aquarell.

Auf „Bossa Muffin“ gab Flavia Coelho den Paradiesvogel, der zwitschert, quakt, schnattert und gurrt, wie ihm gerade der Schnabel gewachsen ist. Die Kombination aus Samba und Reggae ist in Brasilien nicht neu – aber so hat man sie dort noch nicht gehört. Percussion-Ensembles wie Olodum und Timbalada oder Axé-Stars wie Daniela Mercury sind meist auf rhythmische Überwältigung aus, Flavia Coelho setzt lieber auf Reduktion.

Frühlingshaft luftig und leichtfüßig kommen ihre Songs auf leichten Elektrobeats angetänzelt, weniger zum Abtanzen als zum Mitwippen gedacht. Sie zeichnen sich durch jene nur scheinbare Schlichtheit aus, die hinzukriegen gar nicht so einfach ist. Die minimalistische Reggae-Machart und die transparente Produktion ihres Debüts erinnerten ein wenig an das Erfolgsrezept des Wandervogels Manu Chao, manches auch an Bands aus der „Electro Bossa“-Szene wie Da Lata aus Großbritannien oder Zuco 103 aus den Niederlanden. Für den Sommer ist ihr neues Album angekündigt, an dem Patrice, Tony Allen und Speech von Arrested Development beteiligt sind. Dann wird sie auch für ein paar Gigs nach Deutschland kommen. ZD