das wichtigste
: Mehr Zellen für Knackis

Debatte um Siegburg-Mord: Ministerin fordert Handeln der Länder. Mehrfachbelegung der Zellen in der Kritik

DÜSSELDORF taz ■ Der Foltermord in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Siegburg hat eine Debatte über Mängel im Strafvollzug ausgelöst. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) forderte die Bundesländer auf, mehr Personal mit besserer Ausbildung und besserer Bezahlung in den Jugendhaftanstalten zu beschäftigen. „Die Länder müssen schnell ein modernes Jugendstrafvollzugsgesetz auf den Weg bringen“, sagte Zypries’ Sprecher Ulf Gerder der taz. Der Vizevorsitzende des Bunds der Stafvollzugsbediensteten (BSBD), Friedhelm Sanker, beklagte, in fast allen Bundesländern werde seit Jahren beim Gefängnispersonal gespart. Ein Fall wie in Siegburg sei daher überall möglich.

Am vorigen Wochenende hatten drei Häftlinge ihren Zellengenossen stundenlang gequält, vergewaltigt und schließlich erhängt. Obwohl das Opfer den Notruf drückte und später ein Wärter kurz die Zelle betrat, fiel den Beamten nichts auf (die taz berichtete). Die Bonner Staatsanwaltschaft prüft, ob Ermittlungen gegen das Personal eingeleitet werden. NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) hat disziplinarische Vorermittlungen und verschärfte Zellenkontrollen angeordnet. Außerdem sollten Zellen künftig höchstens mit zwei Häftlingen belegt werden.

Die Mehrfachbelegung ist für den Kriminologen Christian Pfeiffer ein Grund für den Mord der drei Häftlinge an ihrem Zellengenossen. Er sehe es mit Sorge, „dass fast alle Bundesländer Mehrfachbelegung von Zellen gesetzlich erlauben wollen“, sagte er gestern im Bayerischen Rundfunk. Auch BSBD-Vize Sanker fordert eine Einzelunterbringung der Häftlinge.SUSANNE GANNOTT

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