JOST MAURIN ÜBER PATENTE AUF LEBEWESEN
: Der Spuk ist nicht vorbei

Die Patentpraxis bleibt eine Gefahr für das Schicksal der Menschheit

Patente auf Pflanzen und Tiere? Klingt makaber, ist aber seit Jahrzehnten Praxis am Europäischen Patentamt. Es hat nicht nur auf gentechnisch veränderte Lebewesen, sondern auch auf 3.000 durch Kreuzung erzeugte Kreaturen Patente erteilt – obwohl von einer Erfindung keine Rede sein kann: Kreuzung ist nichts Neues, Züchter praktizieren sie schon seit Jahrtausenden. Ganz abgesehen davon, dass Patente auf Lebewesen ethisch fragwürdig sind. Diesen Spuk hat das höchste Gericht des Amts mit seiner jüngsten Grundsatzentscheidung leider nicht beendet. Denn der Beschluss verbietet lediglich Patente auf konventionelle Methoden, um Pflanzen zu erzeugen. Für Saatgut, das aus diesen Verfahren entsteht, will das Amt weiter Patente vergeben. Damit bleibt die Patentpraxis eine Gefahr für das Schicksal der Menschheit.

Schließlich mehrt etwa der US-Konzern Monsanto auch durch Patente auf herkömmliche Pflanzen seine Macht über unsere Ernährung. Wie bisher wird er Züchtern verbieten, seine Pflanzen weiterzuentwickeln. Bereits 2008 verbuchten der Uni Wageningen zufolge die fünf größten Hersteller 65 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Gemüsesaatgut. Die Arbeit des Patentamts trägt dazu bei, dass die Konzentration noch zunimmt.

Nur klar formulierte Gesetze können diese Fehlentwicklung stoppen. Die Europäische Union muss Patente auf Lebewesen eindeutig verbieten. Die Entwicklung neuer Pflanzen können Züchter dann wie derzeit über den Verkauf ihrer Sorten finanzieren, dafür brauchen sie keine Patentgebühren. Bundesagrarministerin Ilse Aigner fordert ein Patentverbot zumindest für herkömmlich erzeugte Lebewesen – immerhin. Dafür muss die CSU-Politikerin den Einfluss Deutschlands bei der EU endlich nutzen – bevor der Saatgutmarkt völlig monopolisiert ist.

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