Peking erwartet ein Einlenken des Gasverkäufers Putin

CHINA/RUSSLAND Putin sucht die Unterstützung der Regierung in Peking im Ukraine-Konflikt

AUS PEKING FELIX LEE

Offiziell verstehen sich Russland und China derzeit so gut wie noch nie: Bei seinem Peking-Besuch im März bezeichnete Russlands Außenminister Sergei Lawrow die Beziehungen als „edel und erhaben“. Chinas Botschafter in Moskau, Li Hui, sprach von „historischer Annäherung“. Tatsächlich aber trauen sich beide Seiten nicht über den Weg.

Ab Dienstag will Russlands Präsident Wladimir Putin bei seinem zweitägigem Besuch von Chinas Wirtschaftsmetropole Schanghai um diplomatische Unterstützung der Ukraine-Krise werben. Während Chinas Führung nach Ansicht von Beobachtern alles versuchen will, dass der Ukraine-Konflikt den Besuch nicht überlagert, will Putin China mit Gaslieferungen ködern.

Höhepunkt der Reise soll daher ein Abkommen über die Lieferung von russischem Erdgas nach China werden. Die Volksrepublik will 30 Jahre lang jährlich 38.000 Kubikmeter russisches Gas importieren. Peking und Moskau verhandeln schon seit fast zwei Jahrzehnten. Bislang konnten sie sich jedoch nicht beim Preis einigen. Angesichts von Russlands Streit mit der EU um die Ukraine und drohenden Wirtschaftssanktionen scheint Putin nun einzulenken. Die Verhandlungen stehen kurz vor Abschluss, zitiert Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag Russlands Staatschef. Die Vorbereitungen seien in der „Endphase“.

Kommt das Abkommen zustande, könnte China zu einem der größten Abnehmer von russischem Gas werden, vermutet Moritz Rudolf vom Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin. „Damit wäre für Russland der Ausfall europäischer Abnehmerländern fast kompensiert“, so Rudolf. Doch Beobachter in Peking zweifeln, dass es zu einem Durchbruch in den chinesisch-russischen Beziehungen kommt. Chinas Führung weiß um Putins Wunsch nach diplomatischer Unterstützung in der Ukraine-Krise und hat ihren Forderungskatalog kräftig aufgestockt. Neben dem Gasabkommen verlangt sie Investitionserleichterungen für chinesische Geschäftsleute in Russland. Schon jetzt ist China viertgrößter ausländische Investor. Daher sprach sich noch im Herbst Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedjew gegen mehr chinesische Investitionen aus.