Kriegsrecht für Frieden und Ordnung

THAILAND Das Militär hat faktisch die Macht in Bangkok übernommen, beteuert aber Zurückhaltung und lässt die Regierung im Amt. Noch. Erste Fernsehsender abgeschaltet

„Thailand unter Kriegsrecht ist Demokratie in Haft“, twitterte Pravit Rojanaphruk

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Thailands Militär hat das Kriegsrecht verhängt – ohne sich mit der Übergangsregierung abzusprechen. Es handele sich aber nicht um einen Militärputsch, beeilten sich die Streitkräfte zu versichern. Vielmehr sollten „Frieden und Ordnung aufrechterhalten“ werden. Armeechef Prayuth Chan-ocha erklärte, die Proteste der rivalisierenden politischen Lager könnten die Sicherheit im Land, Menschenleben und öffentliches Eigentum gefährden. Die Bevölkerung rief er dazu auf, Ruhe zu bewahren.

Die Folgen sind noch unabsehbar: Unter Kriegsrecht ist die zivile Regierung dem Militär unterstellt. Die Armee kann Versammlungen auflösen, Personen bis zu sieben Tage ohne Gerichtsprozess festhalten und Medien zensieren. So drangen Soldaten bereits in TV-Sender ein, um Stellungnahmen des Militärs öffentlich zu machen. Zudem seien mindestens zehn TV-Kanäle abgeschaltet worden, um sicherzustellen, dass keine Nachrichten verbreitet werden, die den Konflikt weiter anheizen, so die Armee. Kritiker sprechen von Zensur. „Thailand unter Kriegsrecht ist Demokratie in Haft“, twitterte Pravit Rojanaphruk, einer der kritischsten Journalisten des Landes. Zumal nicht klar ist, wie lange dieses gelten soll. Der unabhängige Jurist und Kommentator Verapat Pariyawong erklärte, es bleibe abzuwarten, welchen Weg die Armee einschlagen werde. Entweder werde diese eine sichere Umgebung für Wahlen schaffen oder einen pseudolegitimen Prozess einleiten, um auch den Rest des noch amtierenden Kabinetts zu schassen und damit den traditionellen Eliten entgegenzukommen.

Indes wird Prayuth nachgesagt, mit Aussicht auf den nahenden Ruhestand im September eher aus Widerwillen gehandelt zu haben. Thailands Senat und Gerichte sind – bislang jedenfalls – nicht auf die Forderungen Suthep Thaugsubans, des Anführers der Oppositionellen, eingegangen, einen ungewählten Übergangspremier und demokratisch nicht legitimierten Volksrat einzusetzen. Daher hatte Suthep, gestützt von einem Netzwerk aus alteingesessenen und ultraroyalistischen Kreisen, mit einer „letzten Schlacht“ gegen die Regierung gedroht.

Fast gleichzeitig hatte der Nachfolger der kürzlich vom Verfassungsgericht entmachteten Premierministerin Yingluck Shinawatra, Handelsminister Niwatthamrong Boonsongpaisan, erklärt, er werde keinesfalls zurücktreten. Zudem hieß es, er habe bei der Wahlkommission angefragt, Neuwahlen für Anfang August zu organisieren.

Die Opposition, die ausdrücklich eine Intervention des Militärs, gar einen Putsch gefordert hatte, lehnt Neuwahlen ab. Zudem warf sie Yingluck vor, eine Marionette ihres 2006 vom Militär gestürzten Bruders Thaksin Shinawatra zu sein. Die Anführer der regierungstreuen Rothemden riefen ihre Anhänger dazu auf, Ruhe zu bewahren. Noch sei die gewählte Übergangsregierung im Amt.