Multikulti weichgespült

KITSCH „Zimtstern und Halbmond“ (20.15 Uhr, ARD) ist ärgerlich banal

Wenn sich dem Film etwas Gutes abgewinnen ließe, dann vielleicht, dass sich nun also auch das den traditionellen Werten (Familie!) verpflichtete Freitagabend-Rentnerfernsehen der ARD gegen Sarrazin und Konsorten positioniert und heute mal ganz auf Multikulti macht.

Wenn. Denn das Gegenteil von gut ist bekanntlich nicht böse, sondern gut gemeint. Um eine mehr als nur ungefähre Ahnung von der Qualität dieser Filmproduktion zu bekommen, möge der Leser sich einfach vorstellen, was dabei rauskommen mag, wenn die schon nicht gerade durch Subtilität und Feinfühligkeit bestechende „Maria, ihm schmeckt’s nicht“-Verfilmung im Degeto-Weichspüler landet, um anschließend unterm öffentlich-rechtlichen Christbaum beschert zu werden.

Natürlich muss man angesichts seiner geschäftstüchtigen Chuzpe Drehbuchautor Daniel Speck, der sowohl „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ als auch „Meine verrückte türkische Hochzeit“ geschrieben hat, salutieren. Andy Warhol hat seinen Marilyn-Siebdruck schließlich nicht nur einmal verkauft, mit Wasser kochen – bzw. aufwärmen – kann Filmkünstler Speck auch.

In dieser Variante nun verkuppelt er das kreuzbrave Töchterchen (Lisa Maria Potthoff) mit dem süßen Kamal – „Willkommen, Herr Kamel“ – aus Betlehem, Klischee-Großfamilie inklusive. Ihre Mutter (Gundi Ellert) ist eher emotional intelligent, dem Vater (Robert Atzorn) gibt Kamals Berufswunsch zu denken: „Er ist Moslem, er ist Palästinenser – und er will ein Flugzeug fliegen.“

Mutter: „Was meinst du jetzt damit?“

„Denk mal scharf nach!“

„Dass er mindestens vier Frauen haben darf?“

„Ja, das auch.“

Das Kalkül der ARD war wohl: Unser Publikum ist Ironie nicht gewohnt, insbesondere nicht am Freitagabend. Ergo geht es überhaupt nur mit dem Holzhammer. Dem ganz großen Holzhammer. JENS MÜLLER