Vorbeugende Festnahmen auf Klimagipfel 2009 illegal

DÄNEMARK Polizei beging Menschenrechtsverstoß. Demonstranten erhalten finanzielle Entschädigung

STOCKHOLM taz | Eine schwere Niederlage musste die dänische Polizei am Donnerstag einstecken. Das Amtsgericht Kopenhagen erklärte deren „vorbeugende“ Massenverhaftungen während des Klimagipfels im Dezember 2009 für ungesetzlich. Damals waren über 2.000 Menschen aufgrund der umstrittenen „Lümmel“-Sondergesetzgebung zeitweise ihrer Freiheit mit der Begründung beraubt worden, es sollten mögliche Ausschreitungen oder Blockaden verhindert werden.

Das Gericht sieht in diesem Vorgehen gegen Menschen, die nur von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machten und denen keine strafbare Handlung vorgeworfen wurde, einen Menschenrechtsverstoß. In einer Massenklage hatten 250 der damals Festgenommenen Schadensersatz gefordert. Jene, die stundenlang auf kaltem Asphalt sitzen mussten, erhalten umgerechnet 1.200 Euro, allen anderen, die gleich zu einer Sammelstelle gebracht wurden, werden knapp 700 Euro zugestanden.

Der Vertreter der Polizei legte unmittelbar nach dem Urteil Berufung ein. Das Justizministerium kündigte an, man werde die „Lümmelgesetze“ überprüfen: Möglicherweise sei man beim Bemühen, der „Polizei einen gesetzlichen Einsatzrahmen zu geben“, „zu scharf“ gewesen.

Das Vorgehen der Polizei während des Klimagipfels geriet am Donnerstag auch noch zusätzlich in die Kritik. In der am gleichen Tag gesendeten TV-Dokumentation „Ein Klima-Krimi!“ sind erstmals Tonaufnahmen des Polizeieinsatzleiters während der „Reclaim Power“-Demonstration am 16. Dezember vor dem Konferenzzentrum zu hören. Die Aufforderung an die Beamten lautete demnach, nicht nur auf die DemonstrantInnen, sondern auch auf die JournalistInnen einzuknüppeln, „bis der Schlagstock rot glüht“. Während der Kopenhagener Polizeichef Johan Reiman dies auch nachträglich verteidigt, spricht Amnesty in einer Stellungnahme von „schwerem Machtmissbrauch“. REINHARD WOLFF