Respekt vor dem Schöpfer!

Ortstermin: Auf der 28. Jahrestagung der Islamischen Gemeinde Deutschlands in Hamburg sprachen der ägyptische TV-Prediger Amr Chaled und Oguz Ücüncür von Milli Görüs. MC Ammar rappte

VON JASNA ZAJCEK

„Könnten die Mütter mit den schreienden Kindern bitte rausgehen?“, unterbricht die Frauenärztin Dr. Howeida Taraji ihre Powerpoint-Präsentation zum Thema: „Das Leben des Propheten – Beispiel für das 21. Jahrhundert“ auf der 28. Jahreskonferenz der Islamischen Gemeinschaft Deutschlands (IGD). Applaus. Besonders diejenigen auf der rechten Seite des Saals, die getrennt von den Männern sitzenden Frauen, klatschen und lachen. „Wenn die Schwestern von der Technik jetzt eine Folie zurückgehen könnten“ – die stellvertretende Präsidentin der IGD will wieder zurück zu ihrem Thema, das sie ihm Rahmen des zeitlosen Konferenzmottos „Mohammed – die Barmherzigkeit für die Menschheit“ behandelt.

Über zehn Redner werden sprechen, am Ende wird noch der ägyptische TV-Prediger Amr Chaled, der mit seinen TV-Shows, Büchern, CDs und DVDs ein panarabisches Millionenpublikum erreicht, erwartet. Rund 2.000 muslimische Männer, Frauen und ihre Kinder haben sich an diesem Samstag im Hamburger Kongresszentum eingefunden, um ihm, dem schnittigen Popstar unter den Predigern, zu lauschen. Sowie den engagierten deutschtürkischen und deutscharabischen Gelehrten und jungen Aktivisten der „Muslimischen Jugend Deutschlands“ und dem Rapper MC Ammar zu lauschen.

Im Frauenblock des 3.000 Personen fassenden Saals ist es zu laut, da die Frauen sich während der Vorträge über die Reihen hinweg unterhalten und sich um die Kinder kümmern. Die Reporterin bekommt von der rigorosen Ordnerin einen Platz im für Gäste reservierten Parkett, wo sonst nur Männer sitzen, zugewiesen. Dr. Taraji erzählt Hadithe, Überlieferungen aus dem Leben des Propheten, und erklärt, dass „auch die Karikaturen von zwölf dänischen Komikern mit komischem Humor unserem Glauben nichts anhaben können, denn auch der Prophet wurde in Mekka mit Kamelgedärmen beworfen, und jetzt bilden seine Anhänger die größte Religion der Welt.“ Großer Applaus.

Danach spricht der Vorsitzende der vom Verfassungsschutz beobachteten Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs. Oguz Ücüncü lässt sich in großen Worten über „Respekt für den Schöpfer, Botschaft und Botschafter“ über die bereits von den in Deutschland lebenden Muslimen erbrachte integrative Leistung aus, denn in den 50 Jahren, seit Muslime hier leben, hätten „sie es geschafft, einen positiven Islam vorzuleben, der nichts mehr mit dem orientalistischen Weltbild zu tun“ habe. Und Integration bedeute eben auch, dass „das Kopftuch nicht abgelegt werden muss, sondern getragen werden darf und wir uns gegen Opernbesuche entscheiden können“. Seit 50 Jahren seien die islamischen Religionsgemeinschaften offen für Fragen von Kirche und Bürgen, nur der Staat sei „erst vor zwei Jahren auf die Idee gekommen, Integration betreiben zu wollen. Dabei sehen wir uns längst als stolze Deutsche!“

Nun verzaubert der 28-jährige, schwergewichtige MC Ammar mit Texten wie „Du kannst mir Millionen bieten, doch eine Sache ist klar – das beste Angebot kommt immer noch von Allah“ die zahlreichen jungen Mädchen im Saal. Teenager mit weißen Kopftüchern huschen in die erste, bislang Männern vorbehaltene Reihe und filmen ihn begeistert mit ihren Handykameras. Er ist Frankfurter äthiopischer Abstammung und hat erst vor einigen Jahren zum Islam gefunden, nun versucht er, „die Brüder, die kriminell sind und Drogen nehmen“, mit seinen Texten zurück auf den Weg des Islam zu führen.

Im Anschluss stellt sich die „Muslimische Jugend Deutschland“ mit einem kurzen Film vor, in dem Jugendfreizeiten „für Brüder“ und „Schwestern“ gezeigt werden. „Hier wird gemeinsam gebetet, gelehrt und gelernt, und wir bereiten auch neue Aktionen vor.“ So habe man eine Postkartenaktion ins Leben gerufen, auf der Paare ihr „islamisch korrektes Kennenlernen“ beschreiben konnten, und das romantischste Erlebnis sei mit einer Reise nach Paris gekürt worden. „Jungen Menschen zu zeigen, dass der Islam auch hier lebbar ist“, sei das Ziel der „MJD“.

Mit Spannung wird nun der TV-Star Amr Chaled erwartet, der Wirtschaft studierte und mittlerweile der erfolgreichste Präsentator der zahllosen Islam-Shows im arabischen Fernsehen ist. Er stellt Fragen ins Publikum, scherzt und verschenkt 50-Euro-Scheine an Einzelne im Publikum, die seine Fragen nach den Namen der Gründer der islamischen Rechtsschulen beantworten können. So kann nach acht Stunden Kongress und zwei Gebeten festgestellt werden: Sicherer als auf Amr Chaleds Pfad wandelt es sich auf dem des Propheten ins 21. Jahrhundert: beten, lernen und lehren.