hamburger szene
: Die ganze Wahrheit

Seitdem sie studieren, sind in meinem Freundeskreis viele permanent pleite. Die Lösung: Nebenjobs. In Ermangelung einer Alternative sind die meisten in einem Callcenter gelandet. Ich habe mich bisher geweigert, die Vorteile von Telefonverträgen oder Kosmetiksets zu preisen. Meine Freundin Henriette, ihrerseits erfolgreiche Callcenteragentin, hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, mich mit Jobangeboten zu versorgen.

Das fing relativ harmlos an: Eine Woche Laubharken war darunter. Oder ein Tagesjob: „Suche jemanden, der in meiner Wohnung auf den Telekom-Techniker wartet und diesen einlässt.“ Beide Jobs waren bereits vergeben. Henriette fühlte sich dadurch zusätzlich angespornt. Ihre These: Je skurriler das Jobangebot, desto weniger Bewerber. Meine Chancen erhöhten sich also, wenn ich auch Angebote läse, die andere Sucher ignorierten. Soweit die Theorie.

Henriette machte sich an die praktische Umsetzung. Letztes Wochenende kam sie mit folgendem Angebot: Stundenlohn 30 Euro, Arbeit von zu Hause aus, Beginn sofort. Henriette war beleidigt, als ich einen Haken vermutete. Doch der folgte prompt. „Elektronikbastler gesucht, der einen Toaster zum Sprechen bringt“, las ich.

Eigentlich hätte es mich nicht überraschen dürfen. Henriette liest keinen Text zu Ende. Unter anderem nicht den theoretischen Fahrschultest. Es ist mir bis heute unklar, warum nicht. Sicher ist nur, dass sie zweimal durchfiel. LISA THORMÄHLEN