„Viele Stimmen kommen von der CDU“

RECHTS Der Parteienforscher Eckhard Jesse über das Abschneiden der AfD in Berlin

■ 65, ist Parteienforscher und Professor am Institut für Politikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz.

taz: Herr Jesse, in Berlin hat die AfD wohl 8,1 Prozent erreicht, zwei Punkte mehr als deutschlandweit. Wie kommt das?

Das erstaunt mich auch. Hätten Sie mich vorher gefragt, ich hätte für Berlin ein durchschnittliches Ergebnis erwartet. Möglicherweise hat da auch eine gewisse Unzufriedenheit mit der Großen Koalition mitgespielt, es geht bei solch einer Wahl ja dann nicht allein um die EU. Ich kann auch nur vermuten, dass sie in den sozial schwächeren Stadtbezirken stärker abgeschnitten hat als im Westen.

Ist die AfD denn eher eine Partei, die in sozial schwachen Gebieten punktet?

Bei der Bundestagswahl war das so. Das ist eigentlich paradox, weil sie ja sehr bürgerlich auftritt. Aber sie hat mit der Kritik am Euro ein Alleinstellungsmerkmal unter den deutschen Parteien, das hilft ihr natürlich. Und sie wird auch davon profitieren, dass in diesem Jahr noch drei Landtagswahlen sind, wo sie Wahlkampf machen und sich profilieren kann.

Gibt es eine Wanderbewegung von den extremen Rechten zur AfD?

Nein. Es gibt eine eindeutige Wanderbewegung von der CSU/CDU, in Teilen auch von der FDP zur AfD. Das ist in anderen EU-Ländern auch so, und man muss sagen: Von den Rechtsparteien, die wir derzeit in vielen europäischen Ländern haben, ist die AfD die gemäßigste.

INTERVIEW: JULIANE SCHUMACHER