Rote-Sockel-Kampagne verhindert Einigung

Weil die SPD am Bergbau festhält, scheitert das Berliner Spitzentreffen zur Steinkohle. NRW-Ministerpräsident Rüttgers fordert „zeitnahe“ Entscheidung über ein Ende der Zechen. Spekulationen über Kompromiss beim „Sockelbergbau“

BERLIN/DÜSSELDORF taz ■ Ein Bayer musste das vorläufige Scheitern der Gespräche über die Zukunft der acht verbliebenen Steinkohle-Zechen an Rhein, Ruhr und Saar verkünden. „Wir haben vereinbart, dass wir die Beratungen fortsetzen“, sagte CSU-Wirtschaftsminister Michael Glos gestern in Berlin nach dem Ende eines Spitzentreffens. Ein neuer Termin steht allerdings noch nicht fest. Die Vertreter von Bundes- und Landesregierung, Gewerkschaft sowie des Essener RAG-Konzerns hatten sich in dem zweistündigem Gespräch nicht auf ein Ende der subventionierten Steinkohle-Förderung einigen können.

Knackpunkt der Verhandlungen war wie erwartet der SPD-Plan für einen „Sockelbergbau“ (taz berichtete). Während die CDU-regierten Länder NRW und Saarland die Kohleförderung im kommenden Jahrzehnt komplett beenden wollen, haben sich die Sozialdemokraten aus energie- und wirtschaftspolitischen Gründen auf einen Grundsockel von jährlich sechs bis zehn Millionen Tonnen Kohle festgelegt. In der gestrigen Verhandlungsrunde vertrat laut Teilnehmerberichten auch SPD-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück diese Parteiposition – obwohl er pro Jahr 2,5 Milliarden Euro Subventionen für die Kohle zahlt.

Ein auch von Steinbrücks Beamten mitverfasstes Eckpunktepapier, das ein Ende der Förderung zwischen 2012 und 2018 vorsah, wurde nicht beschlossen. Statt dessen sagte Wirtschaftsminister Glos, nun solle auch die Möglichkeit eines Rest-Bergbaus auf niedrigem Niveau geprüft werden. „Das könnte der Kompromiss sein – der Umfang des Sockelbergbaus“, heißt es aus der SPD-Bundestagsfraktion. Die Grundsatzentscheidung pro Steinkohle-Bergbau sei „nicht verhandelbar“.

Auch die Bergbaugewerkschaft IG BCE will weiter für den Sockelbergbau kämpfen. Angesichts weltweiter Verteilungskämpfe brauche „Deutschland langfristig die Fähigkeit zur Förderung von Steinkohle“, sagte IG BCE-Chef Hubertus Schmoldt. Er bedankte sich bei der SPD für die Unterstützung. Zugleich bedauerte Schmoldt, dass es bei dem Spitzentreffen „nicht gelungen ist, alle Teilnehmer von der Richtigkeit unserer Argumente zu überzeugen“. RAG-Chef Werner Müller schien er nicht zu meinen. Eine Konzernsprecherin sagte knapp, die Sitzung sei gut verlaufen; außerdem hoffe sie, dass es „konstruktiv“ weiter gehen werde.

Die NRW-Landesregierung nimmt derweil die RAG in die Pflicht. „Nordrhein-Westfalen unterstützt die Pläne für den Börsengang der RAG“, sagte CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Dazu sei das Ende des subventionierten Bergbaus erforderlich. „Wir brauchen schnelle Klarheit für die Beschäftigten und für das Unternehmen und setzen uns deswegen für eine zeitnahe Einigung ein“, so Rüttgers. Der Koalitionspartner FDP attackierte die Sozialdemokraten: „Die SPD hat das Gespräch mit ihrer völlig unrealistischen Forderung nach einem Sockelbergbau scheitern lassen“, sagte Fraktionschef Gerhard Papke.

„Die Verschiebung der Entscheidung über den Ausstieg aus der Steinkohle ist keine gute Nachricht“, sagte auch Reiner Priggen, grüner Fraktionsvize im Düsseldorfer Landtag. Die Vertagung der Berliner Gespräche sei schlecht für die betroffenen Kommunen, lasse die Bergleute in Unklarheit und bedeute „ein schlechtes Signal für den geplanten Börsengang der RAG“. Die grüne Bundestagsfraktion forderte den „Ausstieg aus der Kohleförderung ab 2012“. Für die restlichen Bergleute solle dann ein „Beschäftigungsprogramm“ aufgelegt werden.

H. PAULER, M. TEIGELER