Haste la Vista?

Neues Betriebssystem, alte Krankheiten: Microsoft bringt „Windows Vista“ auf den deutschen Markt. Taugt’s was?

Nach einigen Pannen in der Produktion und Lieferverzögerungen wird das neue System erst seit kurzem in Unternehmen installiert, ab spätestens Januar soll „Vista“ auch für Privatkunden erhältlich sein.

Das neue Windows wird in mehreren Varianten auf den Markt kommen. Die eigentliche Vollversion heißt „Ultimate“, sie vereinigt alle Funktionen der übrigen Versionen. Als kleinste Alternative wird hierzulande die „Home Basic“-Variante angeboten werden – ihr fehlt beispielsweise die transparente Oberfläche, auffälligstes Detail im neuen, poppigeren, bunten, etwas verspielten Design. Doch was hebt Vista vom bisherigen Leitbetriebssystem der PC-Nutzer ab – außer dem aufgehübschten Äußeren?

Das Hauptverkaufsargument ist die verbesserte Sicherheit. Waren in den vergangenen Jahren insbesondere XP-User das Ziel von Hacker- und Virenangriffen, so soll dieser Entwicklung nun mit Vista Einhalt geboten werden. Und tatsächlich: Erste Testläufe von Experten zeigen, dass auf diesem Gebiet erheblich nachgebessert wurde. Das System wurde von tiefster Hardware-Ebene aus neu programmiert. Prominentester Bestandteil ist die Benutzerkontensteuerung, die die Anwender davor schützen soll, dass sich Schädlingsprogramme einnisten und Systemeinstellungen manipulieren. Die neue Firewall kontrolliert erstmals auch ausgehenden Verkehr. Auch der Internet Explorer 7 wurde stark modifiziert. Die viel angeprangerten, nachgewiesenen Sicherheitslücken im Standardbrowser konnten weitestgehend geschlossen werden. Mit Features wie Tabbed Browsing – der Möglichkeit, mehrere Webseiten in einem Browser-Fenster darzustellen – oder Anti-Pishing-Mechanismen, also Warnsystemen, die den User-Datenschutz im Internet vereinfachen, schließt der Explorer zu den Sicherheitsvorreitern wie Mozilla Firefox auf.

Und genau da offenbart sich das alte Microsoft-Leid. Und das typische Microsoft-Erneuerungsprinzip: keine eigenen Innovationen einführen, sondern einfach nur kopieren, was in anderen Plattformen und Betriebssystemen schon seit Monaten und Jahren existiert. Das fängt schon beim Design an, wo reichhaltig beim Klassenprimus Apple geklaut wurde. Die neue Taskleiste „Sidebar“ etwa, in der Miniprogramme wie Uhrzeit, Wetter oder Börsenkurse auftauchen, ist eine Eins-zu-eins-Kopie des Dashboards im Macintosh-Betriebssystem Mac OS X. Und auch die Option, die geöffneten Programme in Miniaturansicht auf dem Bildschirm nebeneinanderlegen zu können, ist bei Apple längst Standard. Dazu kommen die für Microsoft typischen Pannen und voreilige Versprechungen in der Verkaufspolitik – ganz zum Ärger von Einzelhändlern und Verbrauchern. Sollten die All-in-One-Rechner der großen Einzelhandelsketten zum Weihnachtsgeschäft ursprünglich schon mit Vista ausgerüstet werden, so liegt dem Computer nun lediglich ein Gutschein für das neue Betriebssystem bei. Frühestens im Januar können sich die User die neue Version besorgen. Neues System, alte Krankheiten also. Microsoft wird seinem Ruf mal wieder gerecht.

DANIEL MÜLLER