„Da müssen Sie kein Einstein sein“

Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell, 65, wurde mit dem Jurypreis ausgezeichnet. Für ihn ist ökologisches Handeln eine Frage der unternehmerischen Weitsicht

taz: Herr von Faber-Castell, ist „Anstand“ eine zulässige Kategorie in der Debatte um die Verantwortung von Unternehmen – ziemlich altmodisch, oder?

Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell: Wir deutschen Unternehmer sind möglicherweise von einem Wertesystem geprägt, das in den USA oder China als leicht altmodisch gilt. Aber „Anstand“ bedeutet einfach, dass man sich den Mitarbeitern gegenüber korrekt verhält – das gilt aber selbstverständlich auch für viele amerikanische Unternehmen, da muss man differenzieren.

Gilt diese Differenzierung auch für China?

Diejenigen Mitbewerber aus dem Fernen Osten, die sich nicht an die Spielregeln halten beziehungsweise halten müssen, die schamlos unterbieten und nachmachen, sind ein Problem. Im Gegenzug muss man „Made in Germany“ Produkten vorbehalten, die auch tatsächlich hier gefertigt werden. Auch wir haben eine kleine Produktion in China – da steht dann aber auch drauf: „Faber-Castell Made in China“. Ich möchte meinen Standort hier langfristig schützen. Ich glaube auch, dass deutsche Produkte in Zukunft stark oder sogar stärker gefragt werden. Aber dazu brauchen wir Unterstützung von Seiten der Politik.

Liegt die Zukunft des Standorts Deutschland womöglich im ökologischen Sektor?

Leider haben da die Japaner im Moment ganz klar die Nase vorn. Aber für unser Unternehmen ist die Wertigkeit der handwerklichen Verarbeitung, die Besonderheit der Materialien und das Knowhow, das wir noch in Deutschland haben, wichtig.

Sie wurden von der Jury aufgrund vorbildlichen ökologischen und sozialen Handelns ausgezeichnet, was ist Ihre Motivation?

Aus meiner Sicht ist das allein eine Frage der unternehmerischen Weitsicht. Mir wurde schon Ende der 70er Jahre klar, dass es klüger ist, sich auf umweltfreundliches Holz zu konzentrieren. Da müssen Sie kein Einstein sein. Und was das Soziale angeht: Das Fell des Bären können Sie erst dann verteilen, wenn er erlegt ist. Das Unsozialste ist Verluste machen – denn dann gefährden Sie das Ganze. Man ist aber klug beraten, eine motivierte Mannschaft zu haben, und da gilt: Wie man in den Wald tönt, so tönt es heraus.

Sieht aber nicht jedes Unternehmen so.

Schon mein Ururgroßvater hat einen der ersten Kindergärten eröffnet und auch die ersten Werkswohnungen. Für meinen Vater war es Gesetz, sich sozial zu verhalten – aber eben innerhalb der gegebenen Grenzen.

Ihre Familie bekam den Adelstitel einst aufgrund besonderen sozialen Engagements verliehen.

Das war Lothar Faber, der sich sehr durch soziale Leistungen ausgezeichnet hatte, die damals keineswegs selbstverständlich waren, ja. INTERVIEW: MRE