interkulturelles lernen
: Mixschulen für alle

Einen solchen Start hat das erste deutsch-türkische Internat nicht verdient. Allerdings ist es auch nicht verwunderlich, dass sich bislang keine deutschen Eltern gefunden haben, die ihre Kinder auf die interkulturelle Eliteschmiede schicken wollen. Schließlich werden auch Schulen ohne Internatszweig von bildungsbeflissenen Deutschen gemieden, wenn sie viele Schüler mit Migrationshintergrund haben. Denn das gilt für viele Eltern gleichsam als Synonym für „Problemschule“. Umso mehr wird das für die meisten Eltern gelten, die für ihren Nachwuchs ein Internat suchen: Sie wollen eine Eliteschule. Und die Elite ist in Deutschland eben immer noch vornehmlich Deutsch.

KOMMENTAR VON SUSANNE GANNOTT

Die Reaktion der deutschen Eltern zeigt daher auch, wie notwendig eine solche explizit interkulturelle Schule ist. Denn offenbar ist es ja mit der vielfach beschworenen Toleranz für andere Kulturen nicht allzuweit her – auch unter angeblich liberalen Bildungsbürgern. Schließlich reden wir hier nicht über türkische Gettokids, sondern über Kinder aus eher bildungsbürgerlichen Familien. Sonst hätten sie nämlich gar keine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen.

Daher darf man das Projekt jetzt auch nicht vorzeitig für gescheitert erklären. Im Gegenteil: Mann sollte ernsthaft darüber nachdenken, an allen Schulen eine festgelegte Deutschen- und Migrantenquote einzuführen. „Affirmative Action“ ist das Stichwort. So wie in den USA seit den 1960er Jahren versucht wurde, die Rassentrennung an den Schulen durch Quoten aufzuheben, so könnte auch hierzulande die Trennung in „gute“, quasi rein deutsche, und „schlechte“, vornehmlich von Migranten besuchte, Schulen durch positive Diskriminierung der Migrantenkinder bekämpft werden. Anders herum gesagt: Wenn die Deutschen ihre Kinder nicht an Schulen mit vielen Migranten schicken wollen, schicken wir die Migrantenkinder eben an die rein deutschen Schulen. Und vor allem an die für Eliten.