„Das System ignoriert dich“

Demo des Bündnisses „Silvester zum Knast“

■ ist Anmelderin der Demonstration und Teil des Bündnisses „Silvester zum Knast“. Sie möchte nicht erkannt werden.

taz: Frau D., heute wird das dritte Jahr in Folge an Silvester gegen Gefängnisse demonstriert. Sie haben die Demo angemeldet. Was ist Ihr Ziel?

Juliane D.: Wir sehen Gefängnisse als Einrichtung des kapitalistischen Systems, in die Menschen eingesperrt werden, die sich dem System nicht anpassen wollen oder können. Wir fordern daher Freiheit für alle und eine Welt ohne Knäste.

Warum demonstrieren Sie gerade an Silvester?

Weil dann auch viele Angehörige der Gefangenen vor Ort sind. Wir wollten die Demo bis 1.30 Uhr anmelden, aber die Stadt lässt uns nur bis 0.30 Uhr demonstrieren.

Mit welcher Begründung?

Zum einen bezeichnet sie den Ort der Demo, also vor der Untersuchungshaftanstalt in der Holstenglacis, nicht als Öffentlichkeit. Zum anderen hätten Gefangene ein Recht auf Schutz vor Lärm. Das ist perfide. Wir dürfen also nicht einmal so weit ran, dass die Gefangen uns hören.

Aber ist nicht genau das Ihr Ziel?

Ja. In Hamburger Gefängnissen haben sich in diesem Jahr zwei Menschen das Leben genommen, ein Dritter hat es versucht. Und sobald die Menschen aus dem Knast kommen, sind sie eh nicht resozialisiert. Das lässt der Kapitalismus nicht zu. Etliche der Entlassenen sperrt man bald eh wieder ein. Wenn man Hartz IV bezieht oder keinen gesicherten Aufenthaltsort hat, ist man praktisch gezwungen, gegen Gesetze zu verstoßen. Das System sperrt dich lieber weg und ignoriert dich, als die Grundkonflikte zu lösen.INTERVIEW: GORDON BARNARD

Demonstration „Silvester zum Knast“: 22.30 Uhr, U Feldstraße