Fernseh-Seele gerettet

Vorerst keine Satelliten-TV-Gebühr: ProSiebenSat.1 sagt Verschlüsselungspläne wegen Kartellamtsbedenken ab

Worüber werden sich jetzt bloß die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender auf den Podien von Medientagen und Medienwochen streiten? Wie kaum ein Thema sonst hat die Satellitengebühr, also der Plan von RTL und ProSiebenSat.1, ab 2007 ihre digitalen TV-Programme über den Satellitenbetreiber SES-Astra nur noch verschlüsselt und gegen eine monatliche Gebühr auszustrahlen, für erhitzte Gemüter auf beiden Seiten gesorgt. Doch nun hat sich das Reizthema vorerst erledigt: Gestern gab das Bundeskartellamt bekannt, dass ProSiebenSat.1 die Einführung der Satellitengebühr nicht weiter verfolge. Das Kartellamt hatte in dem Vorhaben eine verbotene Absprache zwischen den Sendergruppen gesehen und eine Abmahnung angedroht.

„Die Verschlüsselung unserer Programme über Satellit ist für uns damit nicht generell vom Tisch“, erklärte Katja Pichler, Unternehmenssprecherin von ProSiebenSat.1, gestern gegenüber der taz. „Ein technisch ähnlich bewährtes Angebot wie Astra ist aber zurzeit nicht verfügbar.“ Bei RTL war für ein Statement, ob der Sender an seinem Verschlüsselungsplan festhält – im Gegensatz zu ProSiebenSat.1 ist der Sender vertraglich an Astra gebunden –, bis Redaktionsschluss niemand erreichbar.

Mit der Satellitengebühr – angestrebt war ein Betrag von 3,50 Euro pro Monat – hatten sich die Privatsender eine zweite Erlösquelle neben der Werbung erschließen wollen. Außerdem hätte der Abruf einzelner Angebote, der beim verschlüsselten Digital-TV für die Sender im Gegensatz zum allgemeinen Free-TV technisch klar nachvollziehbar ist, besseren Zugriff auf die Nutzungsgewohnheiten des Publikums gebracht. Angesichts sinkender Einnahmen und immer weiter ausdifferenzierender Zielgruppen also durchaus ein zukunftsträchtiger Plan.

ARD und ZDF liefen dagegen Sturm: Durch die Grundverschlüsselung drohe das Fernsehen seine „publizistische Seele“ zu verlieren, donnerte etwa ZDF-Intendant Markus Schächter zuletzt im September. Wenn die beiden führenden Privatsendergruppen in die Grundverschlüsselung gewechselt hätten, hätten die Öffentlich-Rechtlichen mitziehen müssen, um nicht völlig von den ZuschauerInnen per Satellit abgeschnitten zu sein – und hätten damit eine zweite Gebühr einfordern müssen. Ein aussichtsloses Unterfangen, tun sich ARD und ZDF momentan doch schon schwer genug damit, die GEZ-Gebühr zu legitimieren.

Auch wenn die Satellitengebühr nun erst einmal nicht kommt: Da durch die Digitalisierung immer mehr Kanäle einen immer kleineren Werbekuchen unter sich aufteilen müssen, wird der Abschied vom Free-TV durch die Absage von ProSiebenSat.1 nicht abgewendet, sondern nur verschoben. HPI