Auch der Teddy ist wichtig

Gerade ist sie als beste Nachwuchsschauspielerin auf einer Hamburger Bühne ausgezeichnet worden. Bald darf Julia Nachtmann sogar auf die große Bühne wechseln

Am Anfang wollte sie einfach auf der Bühne stehen. Als Sängerin zum Beispiel. Seit einem Jahr ist Julia Nachtmann nun fertig ausgebildete Schauspielerin und spielt im Ensemble des Hamburger Jungen Schauspielhauses. Am vergangenen Wochenende zeichnete die Körber-Stiftung die 25-Jährige mit dem Boy-Gobert-Preis aus. Der wird, mit 10.000 Euro dotiert, jedes Jahr einem Nachwuchsschauspieler der Hansestadt verliehen.

Neun Stücke spielt Nachtmann derzeit parallel. Das sei anstrengend, sagt sie, aber gut gegen Lampenfieber. „Ich bin immer noch aufgeregt vor den Auftritten, aber es ist eine positive Aufregung, nicht so sehr Angstaufregung.“ Gerne spricht die gebürtige Filderstädterin. Und viel. Was sie sagt, klingt überzeugend. Auf der Bühne sucht sie die Identifikation, will „die Rolle möglichst dicht heranholen, damit es authentisch wirkt. Andere zu kopieren wirkt oft unglaubwürdig.“

Bei manchen Rollen ist das gar nicht so einfach, zum Beispiel in dem Jugendstück „Mutter Afrika“ von Ad de Bont, in dem es um Sklavenhandel geht. Viele der Stücke, in denen Nachtmann spielt, handeln von kritischen Themen – auch in dem andernorts aus juristischen Gründen vom Spielplan genommenen Ehrenmord-Stück „Ehrensache“ steht Nachtmann auf der Bühne. „Wenn ein Thema ins Extreme geht“, sagt sie, „ist mir das lieber als die sichere Schiene.“

Von der Gobert-Jury wurde Julia Nachtmann unter anderem für die Vielfältigkeit ihres Spiels ausgezeichnet. Ihr Grundsatz, sagt sie, sei jedoch immer der gleiche. „Es ist wichtig, die Probleme der Charaktere ernst zu nehmen. Wenn in einem Kinderstück der Teddy verschwunden ist, nehme ich das genauso ernst wie große Probleme in klassischen Tragödien.“ Mit denen wird sie sich im nächsten Jahr zunehmend auseinander zu setzen haben: Dann wechselt Julia Nachtmann innerhalb des Schauspielhauses in das Erwachsenentheater.

Die Auszeichnung sieht sie realistisch: Es gehöre zwar Talent dazu. „Aber es ist auch ein Riesenglücksfall.“ Bei der Bekanntgabe sei sie zuerst sprachlos gewesen. Was sicher nicht oft vorkommt. LISA THORMÄHLEN