Bremen als Geschenk

Inge Bischoff ist Bremens längstgediente Bremensien-Händlerin. Sie weiß, was trotz aufgedruckter Stadtmusikanten wie Blei in den Regalen hängt und welche ortstypischen Geschenke derzeit top sind

Interview: Henning Bleyl

Frau Bischoff, wie steht‘s derzeit um den Bremensien-Markt?

Inge Bischoff, Bremen-Laden an der Schnoor-Treppe: Ja, ganz gut, aber es sparen ja alle. Bei den Firmen, die Präsente für ihre auswärtigen Geschäftspartner suchen, ist es auch schwierig: Es muss nach viel aussehen, darf aber nicht viel kosten – damit kein Korruptionsverdacht aufkommt.

Besteht Ihre Kundschaft hauptsächlich aus Touristen – oder gerade aus BremerInnen?

Es kommen sehr viele Bremer. Aber mittlerweile haben sehr viele Geschäfte Bremensien. Ich war vor 25 Jahren die erste, mittlerweile macht es jeder. In der Böttcherstraße haben Sie auch schon die Alten Meister rausgeschmissen, um dafür Platz zu schaffen.

Was ist denn das aktuellste Produkt dieses Marktsegments?

Der Weihnachtsmarktbecher 2006.

Das ist natürlich ein zuverlässiger Artikel. Und zur Zeit klebt die ganze Republik die „Dampfer Bremen“-Briefmarke: Verkaufen Sie die auch?

Natürlich. Aber besonders gerne verweisen wir auf die 55 Cent-Marke mit dem Leuchtturm „Roter Sand“. Das Motiv basiert nämlich auf einem Foto meines Mannes. Es ist die beliebteste Marke bei der Post!

Dann haben Sie wohl ausgesorgt?

Tja. Man kriegt ja nicht für jede abgestempelte Marke was– das wurde nur einmal honoriert.

Dann gibt es ja noch das Marksegment Kohl&Pinkel ...

Oh ja. Auch die Bremer Schnäpse! Die haben wir alle.

Wie viele gibt es denn?

Mindestens 20.

Und wie steht es mit Lektüre?

Das Bremen-Lexikon ist schon wieder ausverkauft, dafür haben wir gerade sehr viel anderes reinbekommen. Allerdings fehlt es an Übersetzungen in‘s Chinesische – das wird zunehmend nachgefragt.

Bremen ist ja eine Stadt der Genussmittelfabrikation. Wieviele Ihrer Bremensien sind denn essbar?

Ich würde sagen, etwa ein Drittel. Am beliebtesten ist natürlich der „Knüppel aus dem Sack“, die lange Salami. Oder das Schnoorbier, das wird auch gern genommen.

Im Schnoor gibt es eine Brauerei?

Leider nicht. Das Bier kommt aus Crailsheim [bei Schwäbisch Hall, d. Red.] – aber es wird im Schnoor verkauft.

Das bringt uns zur Kernfrage: Was macht ein Produkt zu einer Bremensie? Wenn man die Stadtmusikanten draufdruckt?

Eigentlich ist das ganz einfach: Es muss in Bremen hergestellt sein oder sich auf Bremen beziehen.

Und was erweist sich als Ladenhüter?

Zur Zeit die Krawatten mit den Stadtmusikanten. Früher hat ja Herr Scherf ab und zu jemandem einen Schlips geschenkt, und dann gab es anschließend auch bei uns entsprechende Nachfrage. Aber das läuft jetzt nicht mehr.

Welche Bremensien sind schon komplett vom Markt verschwunden?

Der „Roland-Tropfen“. Und der „Rote Bremer“ – das war ein Genever mit Cassis, eigentlich sehr beliebt. Ich persönlich mag ja die handkolorierten Schnoor-Häuser aus Keramik am liebsten. Und hier das Teeset mit dem Bremer Wappen – das sieht doch sehr elegant aus.