Kämpferin für die Kastenlosen

Als „Indiens engagierteste Anwältin für die Belange der Dalit-Frauen“ durfte die Inderin Ruth Manorama gestern in Stockholm den „Right Livelihood Award“ entgegennehmen, besser bekannt als „Alternativer Nobelpreis“. Dalit-Frauen, für die sich Manorama seit Jahrzehnten einsetzt, sind gleich in dreifacher Weise benachteiligt – als Arme, als Kastenlose und als Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft. „Jahrhundertelange Diskriminierung hat diese Frauen zu Armen, zu Analphabetinnen zu ewig Abhängigen gemacht“, sagte Manorama kürzlich in einem Interview.

Die 54-Jährige aus Chennai ist studierte Sozialarbeiterin und entstammt selbst einer Dalit-Familie. Sie profitierte von den wirtschaftlichen und politischen Rechten und Förderungsmaßnahmen für Dalits, die 1950 vom damaligen Dalit-Führer und Justizminister Babasaheb Ambedkar in der Verfassung eingeführt worden waren. In dieser Woche feierten tausende Dalits in Mumbai den 50. Todestag des von ihnen fast göttergleich verehrten Ambedkar.

Die von Ambedkar eingeführten Bildungs- und Beschäftigungsquoten hatten einst auch Manoramas Eltern erlaubt, eine Beamtenlaufbahn zu erreichen und ihre sieben Kinder studieren zu lassen. Ruth Manorama engagierte sich nach ihrer Ausbildung als Sozialarbeiterin in Bangalore gegen geschlechtsspezifische, soziale und ökonomische Ausgrenzung. Sie gründete eine Gewerkschaft für weibliche Hausangestellte, organisierte Frauen in Selbsthilfegruppen war für die Mobilisierung der Dalit-Frauen in einer nationalen Organisation verantwortlich.

Manorama musste aber auch Rückschläge hinnehmen. Zusammen mit anderen Dalit-Aktivisten hatte sie 2002 versucht, die UNO-Rassismus-Konferenz in Durban zu einer Verurteilung der Kastendiskriminierung zu bewegen – vergeblich.

Es wird als das Verdienst Manoramas angesehen, die indische Frauenbewegung – links, städtisch, bürgerlich und hoch kastig – verstärkt für die Frauen am unteren Ende der sozialen und wirtschaftlichen Pyramide sensibilisiert zu haben. Für Manorama war es die Frauen-Weltkonferenz im Jahr 1995 in Peking gewesen, die eine stärkere demokratische und sozial ausgeglichene Vertretung in den indischen Frauenverbänden ausgelöst hatte.

Ihre Ehrung mit dem Alternativen Nobelpreis sieht Manorama als Ehrung aller Dalit-Frauen an. „Damit werden die Rechte und die Würde der Dalit-Frauen betont“, so Manorama. Die Bekanntheit, die mit dem Alternativen Nobelpreis einhergeht, will Manorama für strategische Allianzen zur weiteren Stärkung der Frauenrechte nutzen. BERNARD IMHASLY