Das Tier in der Musik

Das neue Jahr kann man doch gleich mal mit etwas Sinnvollem beginnen und also Finnisch lernen, ein paar Worte wenigstens. Die Zahlen. Yksi = 1, kaksi = 2, kymmenen = 10, kaksikymmentä = 20. Dann wird weiter zusammengesetzt, also kaksikymmentäyksi für 21, was fürs Erste schon reichen sollte, weil ja auch die Heraldik ein schönes Thema ist, mit dem man sich beschäftigen kann. Selbst wenn der Brauch ein wenig aus der Mode geraten ist, darf nach deutschem Recht doch weiterhin eine jede Person ein eigenes Wappen wählen. Darin hat man früher gern Tiere eingemalt. Beliebt waren dabei Löwen, Bären, Adler oder Stiere, und da merkt man gleich, wo der Hase hinläuft, der es selbst eher selten auf so ein Wappenschild schaffte, zu wenig Kraftmeier halt und kein stolzer Herrscher in seinem Revier.

Vielleicht darf man das als einen zögerlichen Schritt nach vorn im Prozess der Zivilisation betrachten, dass in der musikalischen Heraldik die großen Viecher nicht unbedingt die erste Wahl sind bei der Namensgebung mit den Tieren im Pop. The Crickets, Grillen, nannte sich die Band von Buddy Holly. Ganz allgemein blieb man bei den Animals, und der Gegenwart zugewandt hätte man zum Beispiel Katze. Die Band von Klaus Cornfield spielt heute Abend im Nbi und macht zickigen Punkrock, der schon die Krallen zeigt, aber zum Tiger würde das nicht reichen. Doch noch ein mächtiger Räuber: Tyrannosaurus Rex nannte Marc Bolan seine Band, am Beginn vollkommen unpassend mit der sanftmütigen Märchenmusik. Erst später wurde er als T. Rex zu dem Boogie-Raptor, dem sich alle Teenager gern zum Fraß hinwarfen.

Dann die ganzen sprachlichen Mutationen: The Monkees. The Byrds. Gorillaz. Natürlich die Beatles mit dem leicht veränderten Käfer im Namen. In dieser Kategorie spielen auch 22-Pistepirkko, die auf gut Finnisch eben nicht zweiundzwanzig Pistepirkko heißen, sondern kaksikymmentäkaksi Pistepirkko, was der Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer ist. So klingt auch die Musik des Trios, das sich, als es 1980 in einem Dorf in Nordfinnland zusammenfand, ja etwa auch Kolme Hirveä hätte nennen können, 3 Elche. Würde sich immer noch verschroben genug anhören für nichtfinnische Ohren. Aber dann hätten die drei bestimmt eine andere Musik gemacht und nicht so eine marienkäferige, manchmal kauzige, nie kraftprotzende, mit der Beatbox und dem Blues gleichermaßen vertraute mit sehnsüchtigen Popmelodien, die einem PK Keränen mitten ins Herz singt. Macht er wieder am Mittwoch im Festsaal Kreuzberg. Gehen Sie ruhig hin, jetzt, wo sie sogar landessprachlich die Lieder einzählen können, yksi, kaksi, kolme… THOMAS MAUCH

■ 22-Pistepirkko: Festsaal Kreuzberg, Mittwoch, 21 Uhr