dieckmanns abgang
: Endlich eine Zäsur

Nein, glücklich sah er nicht aus, der scheidende SPD-Landesvorsitzende Jochen Dieckmann, wie er da im Regionalexpress zu Parteiversammlungen ins Revier fuhr. Mürrisch ging er die Rede durch, die es gleich vor einem Ortsverein zu halten galt – ein Fremdkörper auf dem Weg. Dass Dieckmann vom Parteivorsitz zurücktritt, erstmals als Anwalt arbeiten möchte, ist konsequent für den Ex-Landesminister. Ob Dieckmanns Rückzug für die SPD so gut ist wie für ihn, ob es Sinn macht, dass Fraktionsvorsitzende Hannelore Kraft vier lange Jahre vor den Landtagswahlen zur Herausforderin von Jürgen Rüttgers, ist fraglich. Aber immerhin erzwingt der nicht gerade für seine Entscheidungsfreude berühmte Dieckmann wenigstens mit dem Rücktritt den Wechsel.

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

Die wirkliche Zäsur hätte es schon vorher gebraucht. Doch nach der Landtagswahlschlappe ging es für die NRW-Sozialdemokratie immer weiter abwärts. Amtsträger übten sich an kläffender Oppositionsarbeit und näherten sich dabei der Bedeutungslosigkeit. Die Schicksalsfrage aber, wie es nach Jahrzehnten des Strukturwandel dazu kommen konnte, oder musste, dass die SPD ihre Führungsrolle im Bundesland verlor, wurde von Dieckmann nicht beantwortet. Er redete drumherum, bemühte Kommunikationsdefizite bei den Reformen, bundespolitische Atmosphären und anderen Quatsch. Ein aktueller SPD-Programmentwurf für NRW, für „Europas modernste Industrieregion“ und für „Vollbeschäftigung“ liest sich wie ein trotzdoofes „weiter so“.

Für die SPD bleibt zu hoffen, dass sich mit Dieckmann auch ein jahrzehntelanges Missverständnis verabschiedet: Nein, die NRW-SPD ist nicht der verlängerte Arm der rheinischen Verwaltungselite. Nein, Peer Steinbrück, der Wahlbonner Wolfgang Clement und Dieckmann mögen smart, clever und arrogant sein – aber sind sie Sozialdemokraten wirkliche Sozialdemokraten?

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