420 Millionen dubiose Euro

Korruptionsschaden bei Siemens ist offenbar größer als bisher angenommen

MÜNCHEN ap ■ Die Siemens-Führung hat erstmals jahrelange Korruption im Konzern offen eingeräumt – und der Schaden ist offenbar höher als bisher angenommen. Zahlungen über 420 Millionen Euro seien als zweifelhaft einzuschätzen, sagte Finanzvorstand Joe Kaeser gestern. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte den Schaden bisher auf 200 Millionen Euro beziffert.

Kaeser sagte, die dubiosen Transaktionen seien nicht komplett in schwarze Kassen geflossen und auch „nicht unbedingt Schmiergeld“. Der größte Teil der Summe seien Zahlungen für Beraterverträge, „wo zweifelhaft ist, ob sie steuerlich absetzbar sind“. Deshalb zahle Siemens jetzt 168 Millionen Euro Steuern nach.

Der Aufsichtsratschef und frühere Vorstandsvorsitzende Heinrich von Pierer, der im Rahmen der Korruptionsaffäre in die Kritik geraten war, lehnte einen Rücktritt ab. Er tue alles, um „für Aufklärung und Abhilfe zu sorgen“. Als Vorstandschef habe er alle Mitarbeiter immer wieder zur Einhaltung der Anti-Korruptions-Regeln ermahnt und über 20.000 leitende Angestellte diese Verpflichtung unterschreiben lassen. Für Zahlungen seien immer mindestens zwei Manager erforderlich gewesen. Kaeser sagte: „Die Belege sehen aus, als wären sie in Ordnung.“

Vorstandschef Klaus Kleinfeld sagte, die US-Anwaltskanzlei Debevoise werde prüfen, „ob in anderen Bereichen und Regionen ähnliche Vorgänge passiert sind“. Er gehe zwar nicht davon aus, aber die Kontrollmechanismen bei Siemens hätten offenbar nicht gereicht. Zum neuen Chef seines Anti-Korruptions-Büros berief Siemens den Stuttgarter Staatsanwalt Daniel Noa. Er werde sein neues Amt im Januar antreten, sagte Pierer.