Das dichte Netz der Islamisten am Mittelmeer

Spanische Verhaftungen in der Exklave Ceuta lenken Aufmerksamkeit auf al-Qaida in Marokko und Algerien

MADRID taz ■ Spaniens Polizei kam wohl zur rechten Zeit. Die elf mutmaßlichen radikalen Islamisten, die am Dienstag in Ceuta verhaftet wurden und heute in Madrid von Ermittlungsrichter Baltazar Garzon vernommen werden, hatten laut Innenminister Alfredo Rubalcaba „noch keine Ziele ausgesucht, aber sie waren dabei, zur Tat zu schreiten“. Bei den in der spanischen Exklave an der marokkanischen Mittelmeerküste Festgenommenen handelt es sich um zehn muslimische Spanier und einen Marokkaner. Einer ist Hamed Abderrahman Ahmed, der zwei Jahre lang von den USA in Guantánamo festgehalten worden war.

Die Festgenommenen, alle zwischen 23 und 28 Jahre alt, verkehrten in der Moschee Darkawia im Stadtteil Principe Alfonso, einem Armenviertel Ceutas. Hier leben fast nur Muslime. Laut den Ermittlern, die sich auf beschlagnahmte Dokumente stützen, gehören sie zur marokkanischen „Salafistischen Bewegung für den Heiligen Krieg“. Diese Gruppe soll in die Anschläge auf europäische und jüdische Einrichtungen in Casablanca 2003 und auf Züge in Madrid 2004 verwickelt gewesen sein.

Im spanischen Innenministerium gelten Ceuta und die zweite Exklave Melilla als Brennpunkte. Denn auf der anderen Seite der Grenze, in Marokko, hat Islamismus eine breite Basis. Ein Teil derer, die sich nach den Anschlägen von Madrid in einer Vorstadtwohnung in die Luft sprengten, um sich so der Verhaftung zu entziehen, kam aus Tanger und Tetuan, Nachbarstädten Ceutas. Im Mai wurde auf einer der wichtigsten Internetseiten radikaler Islamisten gar ein Aufruf zum „Krieg gegen den ungläubigen spanischen Staat“ veröffentlicht, um die „Befreiung der besetzten Städte Ceuta und Melilla“ zu erreichen.

Dieser Text war in einem Cybercafé in der algerischen Hauptstadt Algier ins Netz gestellt worden. Nicht nur dies zeigt, wie vernetzt al-Qaida in Nordafrika inzwischen ist. Salafistische Gruppen in Marokko stehen mit Bin Ladens Organisation in direktem Kontakt. Und die wichtigste bewaffnete Organisation in Algerien, die „Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf“ (GSPC), unterstellte sich vor wenigen Monaten ganz offiziell al-Qaida.

Die GSPC, die das Angebot der Rückkehr ins zivile Leben seitens der algerischen Regierung ausschlug, macht in den letzten Monaten wieder durch spektakuläre Anschläge von sich reden. So wurden am Sonntag bei dem Angriff auf einen Bus mit Ölarbeitern der Fahrer getötet und neun weitere Menschen verletzt, darunter vier Briten und ein US- Amerikaner. Der schwerste Bombenanschlag auf in Algerien lebende Ausländer seit Jahren fand im Club des Pins statt, einem hochgesicherten Luxusvorort Algiers. REINER WANDLER