Die Unnachgiebige im Rückzugsgefecht

Bekannt wurde Rita Verdonk in diesem Juni weit über die Niederlande hinaus. Als sie ihrer prominenten Parteikollegin Ayaan Hirsi Ali die niederländische Staatsbürgerschaft aberkennen wollte, brach ein Sturm der Entrüstung über sie herein, der letztlich die Regierungskoalition spaltete und zu vorgezogenen Neuwahlen führte. Was vielfach für Übereifer gehalten wurde, war aber nur die Konsequenz aus einer unnachgiebigen Haltung, für die Verdonk in den Niederlanden schon lange berüchtigt war.

Nun ist sie noch einmal ihrem Ruf als „Eiserne Rita“ gerecht geworden: Als letzte Amtshandlung legte sie ihr Veto gegen einen Beschluss der neuen Mehrheit im Parlament ein: Die wollte rund 26.000 langjährig geduldeten Asylbewerbern endlich eine Amnestie gewähren.

Mit populistischem Auftreten müht sich Verdonk schon seit langem, die verwaiste Wählerschaft des ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn anzusprechen: Mal wollte sie eine „Holländisch-Pflicht“ auf niederländischen Straßen verordnen, dann wieder ein Burka-Verbot in der Öffentlichkeit durchsetzen. Sogar in Deutschland fand sie dafür Bewunderer: Innenminister Schäuble zeigte sich recht angetan, und die Zeit lobte sie gar für ihren „muskulösen Liberalismus“.

Als Integrationsministerin hat Rita Verdonk der niederländischen Asyl- und Einwanderungspolitik mit demonstrativer Härte ihren Stempel aufgedrückt. So führte sie Einbürgerungstests und Sprachprüfungen für potenzielle Einwanderer ein. Stolz verkündete sie vor den Wahlen, dass die Einwanderung in ihrer Amtszeit drastisch zurückgegangen seien.

Stolz war sie auch darauf, die Zahl der Abschiebungen auf Rekordhöhen getrieben zu haben. Rund 12.000 Flüchtlinge wurden unter ihrer Ägide abgeschoben oder reisten von selbst aus, ein paar besonders spektakuläre Fällen sorgten für Schlagzeilen: Eine 18-jährige Schülerin aus dem Kosovo etwa ließ sie kurz vor dem Abitur des Landes verweisen, obwohl eine breite Öffentlichkeit das Mädchen unterstützte. Außerdem bestand sie darauf, homosexuelle Asylbewerber in den Iran abschieben zu dürfen, obwohl dort auf Homosexualität die Todesstrafe steht.

Mehrfach haben holländische Gerichte ihre Entscheidungen revidiert, ein Gericht in Amsterdam nannte ihren Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern schlicht „Willkür“. Genutzt hat ihr das harte Auftreten jedoch nicht so viel: Bei den Wahlen im November verlor ihre Partei wichtige Prozente, und Rita Verdonk wurde praktisch abgewählt. So handelt es sich bei ihrem letzten Aufbäumen nur noch um ein reines Rückzugsgefecht. DANIEL BAX

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