:
MALTE GÖBEL
In den nächsten Wochen werden wir uns vor Samba-Rhythmen kaum retten können. Warum? Keine Ahnung, vielleicht liegt’s am Sommer. Glücklicherweise kann man die öffentlichen Bedudelungen umgehen und statt dessen laute Gitarrenmusik in kühlen Kellerräumen genießen. Oder in luftigen Obergeschossen wie Donnerstag im West Germany. Die dort gastierenden Psalm Zero machen quasi Anti-Samba, Metal/Industrial-beeinflusste düstere Musikästhetik mit dumpf-verzerrten Gitarren, überrascht aber mit kuriosen Volten in Sound und Rhythmus. Kein Wunder, die eine Hälfte des Duos ist der Indie-Vordenker Charlie Looker, der vom amerikanischen National Public Radio (Zusammenschluss von 900 US-Radiostationen) 2011 in die „Top 100 Composers under 40“ gewählt wurde. Mit seinen früheren Bands experimentierte er gern, mixte etwa mit Extra Life Renaissance und Frühbarock in den Rock-Sound. Psalm Zero präsentieren ihre im März erschienene Platte „The Drain“, als Vorband spielt die in Berlin ansässige Elektronik-Avantgardistin Angela Rockamore. (Skalitzer Str. 133)
Schon im letzten Plan empfohlen, also hier nur kurz: Auch Donnerstag noch läuft in der Berghain-Kantie das Festival „Heroines of Sound“ über Pionierinnen der elektronischen Musik und Frauen in der aktuellen Musikszene. Ab 18 Uhr geht es hier darum, was aus der einstigen Utopie „geschlechtsloser“ elektronischer Musik geworden ist. Um 20 Uhr werden Kompositionen der in Vergessenheit geratenen dänischen Musik-Pionierin Else Marie Pade gespielt, ab 20.30 Uhr gibt es Konzerte von Iris ter Schiphorst und Julia Mihály sowie Susanne Kirchmayr aka Electric Indigo. (Am Wriezener Bahnhof)
Und dann für Freitag gleich in der Berghain-Kantine bleiben: Kultmusiker und Comicautor Jeffrey Lewis kommt mit seiner neuen Begleitband the Jrams, ist dem Anti-Folk treu geblieben und präsentiert neben knallbunten Comicprojektionen und -filmen schrammelige Gitarrenakkorde, zermurmelte Liedchen und kettenlangen Sprechgesang. (Am Wriezener Bahnhof)
Exzentrische Konkurrenz gibt’s zum Abschluss des Poesiefestivals in der Akademie der Künste: Wortjongleur Dietmar Dath trifft bei The Schwarzenbach auf Electronica des Kammerflimmer Kollektiefs, außerdem konzertiert Pop-Mysterium Hans Unstern, der womöglich seine selbst entwickelten Instrumente Akkordbrett, Klavier-Imitat und Klangstuhl dabei hat. (Hanseatenweg 10)
Russisches zum Schluss: Am Abend „Priwiet, Lastotschka & Golubtischik!“ im Panda-Theater spielen Nerazlutschniki Neo-Klassik und Helium Rock – beides Frauenbands aus Moskau. (Kulturbrauerei)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen