„Wir haben hier die Nase voll“

„Alle wollten wir die Copa in Brasilien haben, aber jetzt würde ich es am liebsten rückgängig machen. So viel Ärger, wie die mit sich bringt.“ Cosme Gomes Santana Filho, 45, ist Parkwächter auf dem Terreiro de Jesus. Carranca wird er genannt, so wie die furchterregenden Holzköpfe, die früher den Bug der Transportschiffe auf dem Rio São Francisco zierten, um die Flussungeheuer zu verscheuchen.

Seit mehr als 30 Jahren vertrauen ihm seine Kunden die Schlüssel an, damit er deren Autos in den heruntergekommenen und unsicheren Gassen des Pelourinho-Viertels sicher parkt – in den Teilen der Altstadt, in die sich kaum ein Tourist verirrt. Schon früher gab es dort Kleinganoven, nun leben dort vor allem Cracksüchtige. Carranca ist empört und besorgt zugleich: „Ich werde nicht arbeiten können, weil die Fifa die Straßen ums Stadion sperren wird. Das Stadion liegt zwischen meinem Arbeitsplatz und meinem Wohnort.“

Arbeitet er nicht, kommt kein Geld in die Kasse – so einfach ist das. Jetzt steht Schweiß auf Carrancas Stirn, über dem runden Bauch spannt das T-Shirt, die Plastiklatschen sind zu dünnen Brettchen getreten. „Wir haben die Nase voll. Unsere Kinder haben keine guten Schulen, wenn wir einen Arzt brauchen, müssen wir stundenlang warten – nichts ist besser geworden.“

Als Kind wusch er in der Altstadt Salvadors Autos, um Brot und Milch kaufen zu können. Viele seiner Kumpel von damals sind nicht mehr am Leben. Andere machten Karriere als Trommler. Carranca hat Familie und einen selbst organisierten Arbeitsplatz, der ein bescheidenes Einkommen ermöglicht. Er hat weder eine Lizenz noch irgendeine soziale Absicherung: „Wer unser Land besucht, wird die Armut sehen, die Gewalt erleben.“

Er zeigt gen Pelourinho: „Während der Copa werden hier Polizisten stehen, danach sind wir wieder uns selbst überlassen.“

■ Cosme Gomes Santana Filho, genannt „Carranca“, 45 Jahre, ist selbsternannter Parkwächter