heute in bremen: Bücher nicht besser als TV
Margrit Schreier beschreibt, wie Literatur unser Denken verändert
taz: Ihrer Ankündigung zu Folge kann man durch Literatur zur Ansicht gelangen, Schokolade helfe beim Abnehmen. Machen Bücher dick und dumm?
Margrit Schreier, Professor of Empirical Methods in the Humanities and Social Sciences (IUB): So pauschal kann man das nicht sagen. Sie können sehr schlau machen, es können aber auch kontraproduktive Dinge aus ihnen gezogen werden. Man kann beim Lesen in einen Zustand gelangen, in dem man alles Mögliche unhinterfragt übernimmt.
Spielt dabei die Qualität der Suggestion eine Rolle? Ist Thomas Mann wirkungsmächtiger als Konsalik?
Das wurde früher angenommen. Aber diesbezüglich konnte kein Unterschied zwischen Trivialem und so genannter Hoher Literatur nachgewiesen werden.
Lesen ist jedenfalls nicht per se gut.
Genau. Sich mit einem Buch zu beschäftigen ist nicht von vornherein besser als Fernsehen zu gucken oder am Computer zu spielen. Andererseits existiert eine Therapieform, die so genannte Bibliotherapie, bei der psychisch Kranken das Lesen bestimmter Bücher verordnet wird. In den USA können Strafgefangene ihre Haft durch den Besuch von Lektürekursen verkürzen.
Apropos Suggestion: Hat es eine inhaltliche Wirkung, wenn ein Universitätsname nach Kaffee klingt?
Auch hier gilt, dass Botschaften auf verschiedene Art verarbeitet werden. Es gibt eine oberflächliche Verarbeitung, aber wer tiefer geht, stellt fest: Die IUB wird nicht nach einer Kaffeemarke benannt, sondern nach einer Stiftung, die sich gerade im interkulturellen Bereich sehr ausgezeichnet hat. Es gibt sicher Personen, die beim Kaffee-Eindruck stehen bleiben – aber die haben dann sehr viel verpasst. Fragen: HB
Vortrag: Heute (Sa) um 11 Uhr im „Haus der Wissenschaft“, Sandstr. 4/5
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