Buchtipp

In der Luxusabsteige

„Der einzige Unterschied zwischen mir und den Hiltons ist der, dass bei den Hiltons Diamanten herumliegen und bei mir Wollmäuse und alte Zeitungen.“ Paris Hilton sollte nicht fehlen in der Sammlung von außergewöhnlichen Menschen in legendären Hotels, die Tomas Niederberghaus zusammengestellt hat. Es wird die komische Geschichte eines gescheiterten Interviews mit der Erbin, der „bestbezahlten Maske der Welt“. Kein Trost auch das Hotel Paris Hilton, eine Luxusspelunke, die 240-Euro-die-Nacht-Enttäuschung. Eben nicht mehr ritzy, was stinkfein und hochfeudal bedeutet, wie uns ein anderer Autor, Prinz Asfa-Wossen Asserate, beibringt. Er vermisst das gute Benehmen und verachtet die Männer mit nackten Hälsen und kurzen Hosen, die heute im Ritz Madrid herumschweifen dürfen.

Im Buch „Menschen in Hotels“ geht es viel ums Oben und Unten, Dienen und Bedientwerden, meist von einem elitären Standpunkt aus, der in der Klage über den Verlust des Vergangenen mündet. Das kann sehr bemüht sein, wenn etwa die Spuren des Palast-Poeten Vladimir Nabokov im Montreux Palace am Genfer See im Chambre 065 gesucht werden. Viel lebendiger ist die Geschichte von Yared Temtime, dem Rezeptionisten im Sheraton Addis Abeba. Der Autor besucht die Wellblechhütte des Angestellten und beschreibt seine Zweifel am Luxus. „Armut klagt nicht. Klagen ist ein Privileg der Reichen. Man spürt etwas Anheimelndes in diesem staubigen Dasein, und mehr denn je spürt man, dass es die sterile westliche Welt ist, in deren Konsumtempeln man sich selbst fremd wird.“ Mit dem Buch reisen wir in die wildeste Lodge der Welt nach Kenia. Wir lernen Menschen kennen, die gerne zu Diensten sind. Betrachtet man das Foto von Fausto Allegri, dem Concierge des Hotels Splendido in Portofino, dann verblassen die Zwänge von Dresscodes und sonstigen Dressuren. Allegri scheint gleich aus dem Bild zu springen, ein lebendiger alter Freak mit seiner grauen Mähne, seiner zu langen Hose und seiner dicken Goldkette. Seine Spezialität ist es, exzentrischen Gästen das Unmögliche möglich zu machen. Wer kann schon 2.000 rote Rosen beschaffen und sie dann per Helikopter über dem Hotelpool für eine Angebetete abwerfen lassen. Splendido eben, prachtvoll und blendend, das will man lesen. Alltag und Wollmäuse hat man ja zu Hause. PETRA SCHROTT

„Menschen in Hotels“. Herausgegeben von Tomas Niederberghaus. Eichborn, 24,90 Euro