Kämpfe in Sri Lanka

Armee will Rebellen aus Gebiet um Vaharai vertreiben. LTTE-Chefunterhändler Balasingham erliegt Krebsleiden

DELHI taz ■ Nach dem Scheitern von Friedensverhandlungen zwischen der sri-lankischen Regierung und den tamilischen Befreiungstigern (LTTE) eskaliert die Gewalt immer mehr. Tausende Menschen sind im südöstlichen Vaharai, das von der LTTE kontrolliert wird, auf der Flucht. In den letzten Tagen sind bei den Kämpfen über sechzig Rebellen und Soldaten umgekommen.

Das Militär gab diese Woche bekannt, so lange kämpfen zu wollen, bis die LTTE aus der Region vertrieben sei. Seit zwei Wochen beschieße die LTTE-Artillerie von Vaharai aus Stellungen der Armee. Sie schütze sich, indem sie Zivilisten als Schutzschilde missbrauche.

Die LTTE wirft der Armee hingegen vor, das Los der Flüchtlinge als Vorwand für einen Vernichtungsfeldzug gegen die Rebellen zu benutzen. Dies sei eine erneute Verletzung des Waffenstillstandsabkommens von 2002, das den territorialen Status quo garantiere. Tatsächlich wäre es unlogisch, wenn die LTTE in dem Gelände den Gegner mit Artilleriefeuer herausforderte. Nachdem sie mit Kadiraveli und Sampur zwei Stellungen im Osten eingebüßt hat, liegt in Vaharai der einzige verbliebene größere Stützpunkt. Südlich davon beginnt das vom LTTE-Abtrünnigen Oberst Karuna beherrschte Gebiet, der Rest wird von der sri-lankischen Armee kontrolliert.

Die Militärs verwehren derzeit den skandinavischen Waffenstillstandsüberwachern den Zugang zum Kampfgebiet. Es ist unklar, wie eigenmächtig sie handeln. Das unterschiedliche Verhalten von Armee und Regierung lässt den Schluss zu, dass es sich um eine bewusste Doppelstrategie handelt: Die LTTE soll militärisch in die Enge getrieben werden, gleichzeitig soll weiter die Bereitschaft der Regierung zur friedlichen Beilegung des Konflikts signalisiert werden. Die heftige Reaktion der Regierung auf den Bericht eines von ihr eingesetzten Expertenkomitees stützt diese Interpretation. Die Mehrheit des Gremiums hatte sich für die Zusammenlegung der Ost- und Nordprovinz ausgesprochen, um sie den Tamilen zur Verwaltung zu überlassen. Obwohl Regierungsvertreter den Bericht scharf zurückwiesen, nahm die nationalistische JVP ihn zum Anlass, um sich von der Allparteieninitiative von Präsident Rajapakse für eine Lösung des Konflikts zurückzuziehen.

Einer der wichtigsten Verfechter einer politischen Lösung auf Seiten der LTTE starb am Donnerstag in London an Krebs. Anton Balasingham spielte jahrzehntelang als Chefunterhändler eine entscheidende Rolle bei Friedensverhandlungen. Ihm wird zugeschrieben, die Rebellen von der Forderung nach Unabhängigkeit für die Tamilengebiete auf die Akzeptanz einer Autonomieregelung umgestimmt zu haben. BERNARD IMHASLY