CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI: Aber bitte ganz langsam
Falsche Brüste, schon wieder. Eben erst streiften ja die fröhlichen „Tatort“-Kollegen vom BR mit viel Sinn für Tragikomik durch die Brustimplantats-, Botox- und Brechmittelszene von München; da wirkt der Abstecher der betulichen Klara Blum (Eva Mattes) in ein Schönheitscamp in der Nähe des Bodensees nun besonders uninspiriert: Klar, Silikon ist Teufelszeug.
Und so verwundert es nicht, dass die drei Hauptverdächtigen im Krimi „Der schöne Schein“ nicht gerade große Sympathie wecken: Ermordet wurde die Leiterin einer Wellnessklinik; ihre drei Geschäftspartner rücken in die Aufmerksamkeit der Ermittlerin. Um die Stimmung vor Ort unauffällig auskundschaften zu lassen, schickt Blum den Kollegen Perlmann (Sebastian Bezzel) undercover als Burn-out-Patienten an die Front.
Ausgebrannt ist offensichtlich auch das ganze „Tatort“-Team aus Konstanz. Regisseur René Heisig hat unlängst mit „Schutzlos“ ein aufwühlendes Migrantenporträt vorgelegt, Drehbuchautorin Susanne Schneider mit „Es kommt der Tag“ ein Terrorismusdrama, das schonungslos in die Gegenwart führt. Ihr gemeinsamer Krimi aber wirkt nun wie ein filmgewordener Wellnessurlaub: Nichts passiert, und das bitte ganz langsam.
Kommissarin Blum wirkt trotzdem sonderbar abgelenkt; vielleicht liegt das am Schweizer Kollegen Reto Flückiger (Stefan Gubser), der hier zum x-ten Mal der deutschen Kriminalerin unter die Arme greift. Ein gefühlter Karton bei Kerzenschein geleerter Rotwein lässt die Amtshilfe wirken wie ein Urlaubsflirt unter Vorruheständlern.
Im Frühjahr wird Flückiger übrigens in seinem eigenen Revier jenseits der deutschen Grenze agieren; im ersten Schweizer „Tatort“ seit gut einem Jahrzehnt. Sein Wirkungsbereich liegt dann jedoch im Konstanz so fernen Luzern. Gut so: Hat Klara Blum dann doch endlich wieder den Kopf für die Arbeit frei.
■ Konstanz-„Tatort: Der schöne Schein“, So., 20.15 Uhr, ARD
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