„Besser als Rindfleisch“

Reiterkrieger, wie die in Göttingen untersuchte Mumie, sind derzeit Thema einer Ausstellung in Bremen. Warum wir Pferde reiten, aber ungern essen, erklärt Ausstellungsmacher Manfred Rech

Interview: Eiken Bruhn

taz: Herr Rech, wer hatte als erstes die Idee, mit Pferden Krieg zu führen?

Manfred Rech, Landesarchäologe Bremen: Reiterkrieger, wie die Mumie aus der Zeit der Skythen, kamen um etwa 1.000 vor Christus auf. Höchstwahrscheinlich erstmals in den Steppen Asiens, sicherlich auch in denen des vorderen Orients. Als Kriegswerkzeuge werden Pferde aber schon länger, etwa seit dem 16 Jahrhundert, benutzt, nämlich vor dem Streitwagen.Wir wissen das von den Hethithern, den Ägyptern und den Hurritern.

Was ist so toll am Pferd?

Ich kann den Krieg sehr viel schneller in ein Nachbarland tragen und den Gegner überraschen. Das war über die Jahrtausende die Taktik der Steppen-Reitervölker. Zuletzt kamen die Mongolen, die im 13. Jahrhundert nach Mitteleuropa vorstießen.

Probierte man es noch mit anderen Reittieren?

Natürlich, wir kennen die Reitelefanten des Hannibal. Das waren aber immer nur Episoden. Auch aus klimatischen Gründen hat sich das räumlich sehr begrenzt auf Indien und Burma.

Und Paarhufer?

Sie meinen Rinder?

Nee, Kamele.

Sicher, die gab es auch, aber das Pferd hat ihnen die Rolle immer wieder abgenommen.

Was hat das Pferd, was andere nicht haben?

Es ist sehr genügsam, man kann es überall einsetzen, ob in der Steppe, im Gebirge oder in waldigem Gebiet. Und man braucht keine Nahrung mitschleppen, weil es sein Futter selbst findet. Außerdem ist sein Fleisch sehr nahrhaft, besser als Rind- oder Schweinefleisch.

Das Pferd als Nahrungsmittel konnte sich bei uns aber nicht durchsetzen.

Die Abscheu, die viele Menschen davor empfinden, geht auf die Christianisierung zurück. Das Pferd, besonders der Schimmel, spielte in vielen Kulturen als Kultobjekt eine Rolle. Deshalb gab es Edikte, etwa von Gregor dem Dritten, dass man Pferdefleisch nicht essen solle, weil es heidnisch war.

Wann wurden Pferde domestiziert?

Ab etwa 2.000 vor Christus. Es gab dann aber eine gewisse Spanne, bis es als Nutztier eingesetzt wurde, zunächst vor Kult-, dann vor Fracht- und Streitwagen.

Wer fing an?

Man geht davon aus, dass sich das in den Steppen Südrusslands abgespielt hat. Aus dem Süd-Uralgebiet hat man die frühesten archäologischen Zeugnisse. Dort wurden Pferde in Gräbern gefunden, zum Teil auch mit Wagen. Das datiert um etwa 1.800 vor Christus.

Und wann zähmten die Germanen Pferde?

Nur kurze Zeit danach. Das muss sich rasant ausgebreitet haben.

Warum?

Offenbar sind schon damals Innovationen in kürzester Zeit einmal um die halbe Weltkugel gegangen. Ähnliche Phänomene tauchen zum Beispiel gleichzeitig in China auf.

Und seit wann gibt es Sättel?

Die kamen viel später. Die Skythen haben zum Beispiel auf ganz leichten Kissen oder Fellen gesessen. Der echte Sattel wurde von den Hunnen eingeführt, im vierten, fünften Jahrhundert nach Christus.

Wozu brauchten die den?

Wenn ich tausende von Kilometern reite, dann muss ich die Rückenwirbel des Pferdes entlasten. Sonst bricht es mir unterm Hintern zusammen.

„Pferdeopfer – Reiterkrieger. Fahren und Reiten durch die Jahrtausende“: bis 25. 3. im Focke Museum, Bremen, Schwachhauser Heerstr. 240.