Großer Bahnhof für Tempelhof

Im Streit um den Flughafen mischt nun auch die Deutsche Bahn mit. Sie will Tempelhof betreiben. Der Vorstoß überraschte auch das Oberverwaltungsgericht, das über die Schließung verhandelt

Von Richard Rother

Vom urplötzlichen Vorstoß der Deutschen Bahn AG, den Flughafen Tempelhof betreiben zu wollen, ließ sich das Berliner Oberverwaltungsgericht gestern nicht überrumpeln. Im Gegenteil, Gerichtspräsident Jürgen Kipp hatte sogar noch einen Scherz auf den Lippen: „Der muss wahrscheinlich zu einem Verhandlungstermin mit der DB AG“, meinte Kimm lakonisch mit Blick auf den Chef der Flughafengesellschaft Rainer Schwarz, der die Verhandlung wegen eines wichtigen Termins vorzeitig verlassen wollte. Das Gericht verhandelte gestern über die Klagen mehrerer Fluggesellschaften gegen die geplante Schließung des Flughafens Ende Oktober 2007. Eine Entscheidung soll am Donnerstag verkündet werden.

Die Verhandlung wurde mehrfach unterbrochen. Die klagenden Fluggesellschaften hatten wegen der überraschenden Bahnpläne eine Aussetzung des Verfahrens beantragt. Dies lehnte das Gericht aber ab, weil eine Entscheidung über die Klage der Fluggesellschaften unabhängig vom Bahnantrag möglich sei. „Wir sind nicht die Flughafenplaner von Berlin und Brandenburg“, so Richter Kimm. Man befinde lediglich über die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsentscheidung. Zuvor hatte das Gericht Misstrauensanträge gegen zwei Richter abgelehnt. Die Anwälte hatten ihnen Befangenheit vorgeworfen, da die Richter in der weiteren Umgebung des Flughafens wohnten.

Bereits am Montagabend hatte die Deutsche Bahn AG ihre Bombe platzen lassen. Sie wolle die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Tempelhof Ende Oktober 2007 übernehmen. Der Flughafen Tempelhof könne eine „wichtige und sinnvolle Ergänzung“ zum neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld sein, so ein Bahnsprecher gestern. Das Konzept des amerikanischen Investors Fred Langhammer für ein Gesundheitszentrum plus Hotel in Tempelhof sei überzeugend: „Wir sind ein weltweit operierender Mobilitätskonzern.“ Langhammer sei auf die Bahn zugekommen, erklärte der Sprecher.

Die Bahnpläne für Tempelhof gefährden den künftigen Zentralflughafen in Schönefeld nach Ansicht der Bahn nicht. „Das ist für uns ein wichtiges Projekt, in das wir ja auch sehr viel investieren mit über 630 Millionen Euro“, so Bahnmanager Wolf-Dieter Siebert. Die Entlastung des neuen Flughafens vom Geschäftsflugbetrieb, um den sich die Bahn in Tempelhof kümmern möchte, würde auch dem Flughafen Schönefeld sehr gut tun.

Vor Gericht gab es dazu gestern kritische Töne. „Ich weiß nicht, ob dieser Antrag ernst gemeint ist“, sagte ein Vertreter des Landes Berlin, gegen das die Fluggesellschaften klagen. Schon das Timing des Vorstoßes der Bahn sei merkwürdig, ein exaktes wirtschaftliches Konzept fehle. Skeptisch zeigte sich auch der SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler. Gut sei allerdings, dass jetzt eine Debatte über die Nachnutzung des Flughafens Tempelhof beginne. Immerhin gehe es nun nur noch um Geschäftsflieger.