MASSEN IN DER HITZE
: Aufstand im Bad

Ein paar Jungs haben keine Lust, „normal zu schwimmen“

Seit ich vor ein paar Monaten nach Neukölln gezogen bin, freue ich mich auf das Sommerbad, das unmittelbar in der Nähe meiner Wohnung liegt. Die ersten heißen Tage, und es ist endlich so weit, wir genießen den ersten Nachmittag am Pool. Großartig: es ist nicht zu überfüllt, wie wir befürchtet haben, die Atmosphäre ist entspannt, das Wetter schön und das Wasser kühl. Die Schließung des Sprungturms wird mehrmals angekündigt. Im Mikrofon wiederholt eine etwas müde, aber humorvolle Stimme, dass ab 18 Uhr die Sprungbretter schließen und „normal geschwommen wird“. Als mein Freund nach etwa zwanzig Minuten Anstehen endlich mit kühlem Bier zurückkommt, hören wir, wie es beim Sprungbrett lauter wird.

Ein paar Jungs haben offensichtlich keine Lust, „normal zu schwimmen“, und wollen weiterhin vom Sprungturm hüpfen. Wie andere Besucher rücken wir etwas näher, um die Auseinandersetzung zwischen den Jugendlichen und der Security von weitem ansehen zu können. Die einen versuchen die anderen daran zu hindern, auf den Sprungturm zu klettern und runterzuspringen. Die Jungs klettern an ihnen vorbei und machen spektakuläre Sprünge, sie werden von unten bejubelt. Die Situation eskaliert ein paar Minuten lang, und zwei sehr junge Bademeister werden auf dem Turm postiert, um weitere Sprünge zu verhindern. Unsere Plastikbiergläser sind leer und wir gehen schnell ins Wasser, denn jetzt wird durchs Mikrofon angesagt, dass das Sommerbad aus „Sicherheitsgründen“ leider vorzeitig schließen muss. Eine Menschenmenge hat sich um den Sprungturm gebildet. Dann kommt die Polizei, der Spaß ist vorbei. Die Berliner reagieren sehr gelassen, niemand scheint gestresst, und wir schwimmen noch ein paar Runden. Ich bin vom ersten Sommerbad-Besuch begeistert: er war kurz, aber sehr unterhaltsam. MARLENE GOETZ