„Somalia ist die Quelle des Terrors“

INTERVIEW Nicholas Kay, der UN-Sonderbeauftragte für Somalia, warnt vor einer erneuten Verschärfung der Krise im Land und zunehmenden Anschlägen der somalischen Shabaab-Islamisten in Ostafrika

■ geboren 1958, ist seit 2013 UN-Sonderbeauftragter für Somalia. Davor war er Afrika-Direktor des britischen Außenministeriums.

taz: Herr Kay, Sie fordern gerade in Brüssel mehr internationale Hilfe für Somalia. Wieso?

John Kay: Weil das Land nach wie vor in einer schweren Krise steckt. Ohne internationale Unterstützung wird sie sich auf die Sicherheit der gesamten Region negativ auswirken.

Was wird benötigt?

Wir sehen eine Parallele zum Jahr 2010, vor der großen Hungersnot von 2011. Die Warnzeichen sind da. Die UNO sucht 60 Millionen Dollar über drei Monate, für Lebensmittelhilfe und medizinische Versorgung für drei Millionen Menschen.

Sie sprechen von der Sicherheitslage, aber man sagt doch, die Shabaab seien geschwächt?

Die Shabaab stehen unter Druck. Unter Druck sind sie am gefährlichsten. Es gibt die Gefahr von Attentaten in der gesamten Region. Es gab Anschläge in Nairobi und Dschibuti. Sogar in Mogadischu bleibt die Lage prekär.

Wollen die Shabaab zeigen, dass es sie noch gibt?

Das ist ein Grund, aber sie haben auch seit Jahren eine regionale Agenda. Somalia ist die Quelle des Terrors in der Region.

Die Europäische Union bildet Somalias Armee aus und finanziert die AU-Eingreiftruppe Amisom. Was soll sie denn noch machen?

Die EU ist der wichtigste Partner. Es ist zu früh, um die Hilfe herunterzufahren. Die EU-Ausbildungsmission in Mogadischu begann im Februar, aber um eine professionelle Armee aufzubauen, sind wohl drei, vier, fünf Jahre nötig.

Ist die AU-Truppe mit 22.000 Mann groß genug?

Die AU hat keine Vergrößerung gefordert. Aber zwei, drei Kampfhubschrauber würden einen Unterschied machen. Das wird seit drei Jahren immer wieder diskutiert, aber kein AU-Mitgliedsstaat stellt welche zur Verfügung. Außer Uganda, das drei Hubschrauber lieferte, aber die gingen noch vorher kaputt.

Wie geht es politisch weiter?

2016 soll es Wahlen im ganzen Land geben. Davor soll Somalia föderal neu organisiert werden. Es gibt also sehr viel zu tun.

INTERVIEW: FRANÇOIS MISSER, BRÜSSEL