Palästinenser bei Razzia im Westjordanland erschossen

ISRAEL Nach der Entführung von drei Jugendlichen nimmt die Armee Hamas-Funktionäre fest

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Auf der Suche nach den drei seit Donnerstag vermissten Talmud-Schülern haben israelische Soldaten einen Palästinenser getötet. Der 20-jährige Achmad Sabarin aus dem Flüchtlingslager Al-Dschilasun, nördlich von Ramallah, starb in der Nacht zu Montag, als es bei Haus-zu-Haus-Durchsuchungen zu Unruhen kam. Die Armee verhaftete außerdem mindestens 40 weitere Hamas-Mitglieder, darunter den früheren Parlamentspräsident Abdel Asis Dweik und den politische Kopf der Hamas im Westjordanland, Hassan Yousef.

Regierungschef Benjamin Netanjahu macht die Hamas für das Verschwinden der Schüler verantwortlich. „Wir wissen mit Sicherheit, dass Hamas-Mitglieder hinter der Entführung stehen“, meinte Netanjahu, der das Sicherheitskabinett einberief. Sami Abu-Suhri, ein Sprecher von Hamas, wies die Vorwürfe als „dumm“ zurück.

Die Hamas hatte die Entführung durch die „Helden von Hebron“ zwar begrüßt, stritt jedoch jedes Zutun zu der Gewalttat ab. Israel sei verantwortlich für die neue Eskalation, sagte Abu-Suhri und verurteilte die Verhaftungswelle im Westjordanland. Unklar blieb zunächst, ob die Entführung mit Wissen der Führung im Gazastreifen stattfand oder es sich um eine eigenständig operierende Zelle handelt.

Auch in den Reihen der Fatah macht sich Unmut über das Vorgehen der israelischen Soldaten breit. Die Hamas habe sich mit der Einigung auf die Einheitsregierung „zur Politik von Präsident Mahmud Abbas verpflichtet“, meinte Fatah-Parlamentarier Abdallah Abdallah. Die noch unbewiesenen Anschuldigungen „drängen die Hamas nur zu den alten Positionen zurück“. Vorläufig könne „nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob es überhaupt eine Entführung gab“.

Am vierten Tag nach dem Verschwinden der drei jungen Israelis agieren die Sicherheitsdienste nach den Prämissen, dass die Teenager noch am Leben sind und das Westjordanland nicht verlassen haben. Einem der Schüler gelang es noch im Auto der Entführer, per Handy die Polizei zu kontaktieren, wo man den Anruf zunächst nicht ernst nahm. Die Suche nach den drei Israelis begann erst, als ein Vater seinen Sohn als vermisst meldete. Die Entführer hatten über fünf Stunden Vorsprung.