DER HOLOCAUST-LEUGNER DAVID IRVING DARF DEN KNAST VERLASSEN
: Entsorgung eines Gesinnungstäters

Die Staatsanwältin in Wien hatte für ein höheres Strafmaß plädiert: David Irving sei ein Idol für viele in der rechten Szene und habe im Gefängnis täglich Fanpost erhalten. Die Richter aber gaben der Berufung des wegen Leugnung des Holocaust Verurteilten Recht. Sie setzten die Reststrafe auf Bewährung aus. Sie begründeten ihr Urteil mit dem Alter des Verurteilten und der langen Zeit, die seit der Tat vergangen ist. So kam der Gesinnungstäter sofort frei.

Doch das Richterkollegium dürfte auch die Argumente der Staatsanwaltschaft gewürdigt haben. Allerdings nicht in deren Sinne. Denn warum sollte man einen Mann, der Briefe von rechtsextremen Bewunderern bekommt, in Wien behalten? Ein zerknirschter Irving, wie er sich im Februar vor dem Richter präsentierte, ist weit nützlicher für die Entsorgung der „Gaskammerlegende“ als einer, der durch eine lange Haftstrafe zum Märtyrer der Meinungsfreiheit befördert wird.

In der FPÖ und den Burschenschaften gehört es noch heute zur ideologischen Grundausstattung, dem Nationalsozialismus auch positive Seiten zuzuerkennen. Der ehemalige FPÖ-Abgeordnete John Gudenus wurde wenige Monate nach Irving wegen Holocaust-Leugnung verurteilt. Aber auch mehrere neu gewählte Parteigenossen würdigen die Wirtschafts- oder Beschäftigungspolitik der Nazis. Über deren Verbrechen glauben sie dagegen kein gesichertes Wissen haben zu müssen – dank ihrer späten Geburt. Solchen Leuten dienen die Schriften eines David Irving zur Rechtfertigung, auch wenn der Autor selbst inzwischen in vielen Punkten zu anderen Erkenntnissen gelangt ist.

Mit der Umwandlung der verbleibenden Strafe in eine bedingte wurde nicht die Richtigkeit des ursprünglichen Urteils angezweifelt, sondern lediglich der geringen Gefährlichkeit des Täters Rechnung getragen. Denn David Irving wird wohl auch nach Ablauf der Bewährungszeit keine Vortragsreisen mehr nach Österreich unternehmen. Und ganz gewiss wird er dort Hitlers Verwicklung in die Judenvernichtung nicht mehr in Zweifel ziehen.

RALF LEONHARDT