Millionen Bürger hoffen auf den Gasrebellen

Ob Gaskunden durch Zivilklagen Preiserhöhungen der Firmen stoppen können, prüft jetzt der Bundesgerichtshof

KARLSRUHE taz ■ Eigentlich hatte ihm der Arzt abgeraten, den Prozess weiterzuführen. Aber dann ging der Gaspreisrebell aus Heilbronn, der pensionierte Richter Klaus von Waldeyer-Hartz, doch in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Dort wurde gestern seine Klage verhandelt, mit der er eine schwungvolle Erhöhung des Gaspreises durch die Heilbronner Versorgungs-GmbH (HVG) angriff. Auf sein Verfahren schauen jetzt Millionen deutscher Gaskunden.

Waldeyer-Hartz klagt gegen eine Erhöhung des Heilbronner Gaspreises im Oktober 2004. Um 37 Cent stieg der Preis der Kilowattstunde damals auf 3,84 Euro – ein Anstieg um rund zehn Prozent.

Inzwischen hat es, wie überall, weitere Erhöhungen gegeben, die im Prozess jedoch keine Rolle spielten. Zunächst erklärte das Amtsgericht Heilbronn die Preisanhebung für unwirksam, weil die HVG ihre Kalkulaton nicht offenlegen wollte. Es war das bundesweit erste derartige Urteil. In der Berufung akzeptierte das Landgericht Heilbronn dann aber die Gaspreiserhöhung als „angemessen“. Zwar bestätigte das Gericht die Pflicht zur Transparenz, doch als die HVG ihre Bücher öffnete, konnte sie belegen, dass für sie das Gas im Einkauf 36 Cent teurer geworden war und dass sie damit nur ihre Kosten weitergab.

In der Revision kritisierte Klägeranwalt Volkert Vorwerk das Heilbronner Urteil. „Wir haben den Eindruck, dass die HVG ihre gestiegenen Einkaufspreise nur an die kleinen Privatkunden, nicht aber an Unternehmen und Sonderkunden, weitergegeben hat. Das hätte das Landgericht prüfen müssen.“ Außerdem habe das Landgericht nicht hinterfragt, warum die Einkaufspreise gestiegen seien. „Die Bindung des Gaspreises an den Ölpreis führt zu unnötigen Preiserhöhungen“, so Anwalt Vorwerk, „hier muss von den Stadtwerken verlangt werden, dass sie mit ihren Lieferanten andere Verträge aushandeln.“ Auch die HVG-Anwälte Ludwig Krämer und Bernd Kunth waren mit dem Heilbronner Urteil nicht zufrieden. Sie betrachten die Preiskalkulation weiterhin als Geschäftsgeheimnis. „Wenn die Versorger jedem beliebigen Kunden im Zivilprozess ihre Geschäftszahlen mitteilen müssen, dann landen diese schnell bei Verbraucherverbänden und stehen dann im Internet“, ärgert sich Anwalt Kunth.

Das Gericht wird sein Urteil am 14. März kommenden Jahres verkünden. Auf die Grundsatzentscheidung warten bundesweit dutzende von Gerichten und hunderte von Klägern.

CHRISTIAN RATH