Nachbarn schlagen Krach wegen Kinderlärm

In Hamburg häufen sich Anwohnerproteste gegen Kindertagesstätten und andere Einrichtungen für Heranwachsende

Die fehlende Dunstabzugshaube brachte das Aus. Weil Essensgerüche und Lärm die Anwohner stören, darf das „Löwenhaus“ in Hamburg-Harburg ab sofort kein warmes Essen mehr an Kinder aus sozial schwachen Familien ausgeben. „Anstatt das Gespräch mit uns zu suchen, haben Nachbarn vom ersten Tag an Behörden und Anwälte wild gemacht, um uns loszuwerden“, klagt Rainer Micha, Leiter der vom Arbeiter-Samariter-Bund betriebenen Einrichtung.

Seit April stillten rund 20 Kinder und Jugendliche nach der Schule ihren Hunger im „Löwenhaus“. Mit dem Angebot wollte der ASB auch Jugendliche erreichen, die ihre Zeit in Einkaufszentren verbringen, anstatt zur Schule zu gehen. Seit einer Visite der Bauprüfabteilung aber bleibt die Küche kalt. Neben der fehlenden Dunstabzugshaube hat das Amt den fehlenden Fluchtweg in den Kellerräumen der Einrichtung moniert.

Das „Löwenhaus“ ist damit die dritte Hamburger Einrichtung für Kinder, die durch Nachbarschaftsklagen bedroht wird. Im vorigen Jahr hatten lärmempfindliche Nachbarn der Wandsbeker Kindertagesstätte „Marienkäfer“ eine Schließungs-Klage gegen die Einrichtung angestrengt. Um einer Zwangsräumung zu entgehen, stimmten die Eltern in zweiter Instanz einem Umzug im Jahr 2008 zu. In einem ähnlichen Fall klagt ein Nachbar gegen den in Hamburg-Berne gelegenen Waldkindergarten „Kokopelli“. Hier steht die Entscheidung noch aus.

Um solche Klagen in Zukunft zu erschweren, legte die Hamburger CDU am Mittwoch eine Kinderlärm-Verordnung vor. Doch die Regelung, in der nicht viel mehr steht, als dass „durch kindliches Spielen erzeugter Lärm“ nicht „generell unterdrückt“ werden darf, bietet nach Auffassung der rot-grünen Opposition den Einrichtungen keinerlei Rechtssicherheit. SPD und GAL wollen nun eigene Schutzverordnungen vorlegen.

Beim „Löwenhaus“ zeichnete sich gestern Nachmittag ein Kompromiss ab. Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg sicherte der Einrichtung zu, er werde „alle Augen zudrücken“ und das Kochen wieder gestatten – wenn ein bislang verbarrikadierter Fluchtweg freigeräumt werde. Dabei handele es sich aber um eine „Übergangsregelung“. Das „Löwenhaus“ will im März umziehen. Es hat genug vom ständigen Ärger mit seinen Nachbarn. Marco Carini