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Turkmenbaschis Nachfolger brauchen Europa

Nach dem Tod Nijasows droht Turkmenistan Instabilität – aber es eröffnen sich auch neue Möglichkeiten für eine Reform der Innen- und Außenpolitik

Wer immer die Nachfolge Turkmenbaschis antritt, wird diesen kaum an Brutalität übertreffen können

BAKU taz ■ Noch im November besuchte Außenminister Frank-Walter Steinmeier Saparmurad Nijasow in dessen Hauptstadt Aschgabat. Steinmeier war auf Zentralasien-Erkundungstour. Beim „Turkmenbaschi“ wollte er herausfinden, inwieweit das rohstoffreiche Land am Kaspischen Meer trotz des bizarren Regierungsstils des turkmenischen Präsidenten in die geplante europäische Zentralasienstrategie einzubinden sei, die unter der im nächsten Jahr beginnenden deutschen EU-Präsidentschaft ausgearbeitet werden soll.

Aus sicherheitspolitischen Überlegungen – Zentralasien grenzt im Norden an Afghanistan und den Iran – und wegen der reichen Öl- und Erdölvorkommen will Europa zu der Region zwischen chinesischer Grenze und Kaspischem Meer neue Bindungen knüpfen. Zentralasien hat jedoch ein Despotenproblem, und das von Nijasow regierte Turkmenistan stand auf der Liste der brutalen Diktaturen ganz oben. Gleichwohl ist man im deutschen Außenamt in der alten Tradition der Ostpolitik überzeugt, dass über den Dialog selbst mit Despoten langfristig ein Wandel zu schaffen ist. Daher drückte Steinmeier auf seiner Reise sowohl Turkmenbaschi als auch dem usbekischen Despoten Islam Karimow die Hand, der im Mai 2005 sein Volk von Panzerwagen aus hatte zusammenschießen lassen.

Nun, nach dem Tod Nijasows, droht Turkmenistan Instabilität. Mit jedem Tag, den ein Diktator sein Land ungestört ausbeuten kann, wächst die Gefahr einer Zerrüttung des Staatswesens nach dessen Ableben. Nijasow hat sich auch immer als Hort der Stabilität gefeiert und dabei dem Land jede Reformmöglichkeit genommen. Nun rächt sich, dass die turkmenische Opposition im Exil vor lauter Dialogbemühungen jahrelang weder von Deutschland noch von anderen Ländern Europas ernstgenommen wurde. Im entscheidenden Moment fehlt es ihr an Organisation und Geld, eine Alternativregierung aufzustellen.

Mit dem Tod Nijasows eröffnen sich für Turkmenistan aber auch neue Möglichkeiten. Wer auch immer die Nachfolge des Turkmenbaschi antritt, der wird diesen wohl kaum an Brutalität übertreffen können. Die Beziehungen zu den Nachbarstaaten, die bisher den Launen des Präsidenten unterworfen waren, könnten normalisiert werden und dadurch neue Wege für das turkmenische Erdgas und Erdöl gefunden werden. Denn trotz des Reichtums an Bodenschätzen konnten die Rohstoffe zum großen Teil nur über Russland auf den Weltmarkt gebracht werden. Zu Aserbaidschan, was auf der westlichen Seite des Kaspischen Meeres liegt, wurden die Beziehungen wegen Grenzstreitigkeiten abgebrochen. Unter einer neuen Führung wäre es möglich, dass die Rohstoffvorkommen über die bereits bestehende Pipeline von Baku über Georgien in die Türkei transportier werden könnten.

Jetzt müsste Europa nach dem Tod ihres Führers den kopflosen Eliten in Turkmenistan und der schwachen Exilopposition ein mutiges Angebot machen, einen Reformweg zu beschreiten. Gleichzeitig sollte Europa sich bemühen, Staaten in Zentralasien wie Kasachstan und vor allem Kirgisien, die Ansätze einer Bürgergesellschaft zeigen, einzubinden. Denn ein Dialog mit Despoten führt nicht zur Annäherung, sondern zur Instabilität. MARKUS BENSMANN

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