„Die Schwellen sind hoch“

MIGRATION Ausländische Berufsabschlüsse werden zwar sein 2012 anerkannt – aber leicht ist das nicht

■ 39, ist der Projektleiter der Zentralen Anlaufstelle Anerkennung der Diakonie, die Migranten bei der Anerkennung von Abschlüssen berät.

taz: Herr Gwosdz, wenn ich in der Türkei eine Lehre zur Frisörin gemacht habe, kann ich meinen Abschluss in Deutschland anerkennen lassen?

Michael Gwosdz: Seit 2012 geht das. Vorher gab es in Deutschland überhaupt keine Möglichkeit, den Abschluss direkt anerkennen zu lassen. Einheitlich sind die Regelungen aber auch heute noch nicht. Es gelten unterschiedliche Kriterien für die Berufsgruppen, verschiedene Anlaufstellen sind zuständig. Die Türen sind zwar mittlerweile offen – aber die Schwellen sind noch unterschiedlich hoch.

Konnte man vor der Änderung 2012 überhaupt hier arbeiten, wenn man seinen Abschluss im Ausland gemacht hatte?

Arbeiten konnte man schon, aber eben nur als ungelernte Kraft. Ein in der Türkei ausgebildeter Frisör durfte in Deutschland beispielsweise nicht als Geselle arbeiten. Und hat dementsprechend weniger verdient. Es blieb nur die Möglichkeit, sich die Arbeitsjahre anrechnen lassen. Wer also in der Türkei mindestens vier Jahre als Frisör gearbeitet hat, konnte in Deutschland eine Prüfung für den Gesellen- oder Kaufmannsbrief ablegen.

Hatten ausländische Akademiker es leichter?

Nicht unbedingt. Im Prinzip war es so ähnlich wie bei den Frisören: Als Arzt mit ausländischem Abschluss bekam man in Deutschland keine Approbation, also keine staatliche Zulassung. Es musste immer ein deutscher Arzt dabei sein. Im Gegensatz zu anderen Berufen war nicht nur der Abschluss entscheidend, sondern die Staatsbürgerschaft.

Wie das?

Selbst wenn jemand mit türkischer Staatsbürgerschaft an der Universität in Hamburg oder Bremen Medizin studiert hat, bekam er in Deutschland keine Approbation. Ohne deutschen Pass gab es keine Zulassung. Das ist heute anders.

In letzter Zeit wird zunehmend über einen Mangel an Nachwuchs- und Fachkräften gesprochen. Wieso werden ausländische Qualifikationen erst seit 2012 anerkannt?

Das Thema wurde einfach lange ignoriert. Erst 2005 wurde eine EU-Richtlinie verabschiedet, die die Anerkennung von Berufsabschlüssen innerhalb der EU regelte. 2012 hat Deutschland sich dann grundsätzliche Regelungen überlegt, die auch Nicht-EU-Länder betreffen.  INTERVIEW: FCK

Info-Abend zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse: 18 Uhr, Deutsch-Islamische-Gemeinde Hamburg-Hamm, Borstelmannsweg 68