Überall Veränderungsbedarf

REGIERUNGSERKLÄRUNG Gert Lindemann (CDU) wird als niedersächsischer Landwirtschaftsminister vereidigt und fordert strengere Kontrollen für die Lebensmittelbranche und härtere Strafen für kriminelle Hersteller

„Ein einziger Straftäter kann ungeheuren Schaden anrichten“

HANS-HENNING ADLER, DIE LINKE

Niedersachsen hat seit dem gestrigen Mittwoch wieder einen Landwirtschaftsminister: Gert Lindemann (CDU) wurde im Landtag vereidigt. Einer Agrarwende, die Opposition und Umweltverbände als Reaktion auf den Dioxin-Skandal gefordert hatten, erteilte der Minister in seiner Regierungserklärung eine Absage. Nicht falsche Strukturen oder Systemfehler seien die Ursache, sondern kriminelles Handeln Einzelner. Eine nostalgische Verklärung traditioneller Produktionsweisen diene weder der Landwirtschaft noch dem Verbraucher, so Lindemann.

Dass es weder um Nostalgie noch die heile Welt auf dem Lande gehe, konterte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel: „Es geht um die Frage, ob Lebensmittel künftig nur noch in zentralen Agrarfabriken mit weltweiten Futterquellen und Billiglöhnerkolonnen produziert werden, oder ob dezentrale, regionale Produktion und bäuerliche Werte wieder mehr Gewicht erlangen.“ Dass es sich nur um kriminelle Einzeltäter handelt, bezweifelte Wenzel. „Das Risiko erwischt zu werden, ging in der Futtermittelbranche gegen null.“ Strengere Kontrollen, aber auch härtere Strafen forderte Lindemann dann für diejenigen, die für die Giftmischung verantwortlich sind. „In Fällen, in denen wenige Personen derartig immense Schäden durch kriminelles Handeln anrichten, müsste es nach meiner persönlichen Überzeugung auch durchaus zu Freiheitsstrafen kommen“.

„Mehr als dürftig“ fand der Vorsitzende der Linksfraktion, Hans-Henning Adler, Lindemanns Aussagen. Der Ruf nach härteren Strafen reiche nicht, um Dioxin-Skandale zu verhindern. „Das Problem der Dioxin-Vergiftung kann man nicht repressiv lösen, sondern nur präventiv“, sagte Adler, „weil ein einziger Straftäter ungeheuren Schaden anrichten kann.“ Veränderungsbedarf sieht Lindemann bei der Massentierhaltung. Es dürfe nicht sein, dass umstrittene Haltungsbedingungen etwa bei Geflügel als „nicht änderbar“ entschuldigt würden. BELA