Harz darf um Solarfabrik zittern

Clausthal-Zellerfeld in Goldgräber-Stimmung: 450 Millionen Euro Investitionen und 650 Jobs verspricht ein ägyptischer Projektentwickler der ehemaligen Bergbaustadt. Thüringen als Standort ist aber lukrativer

Triumphierend winkt Ekram Saleh mit einem Briefumschlag in die Kameras. Darin enthalten ist eine „Absichtserklärung“ der niedersächsischen Landesregierung, dass sie den Bau einer Fabrik für Solar-Module „mit allen Kräften unterstützen“ will. So sagte es Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) nach einem Treffen mit dem „Projektentwickler“ Saleh und Polit-Granden aus Clausthal-Zellerfeld in der Staatskanzlei in Hannover.

Der gebürtige Ägypter Saleh will im Oberharz das ganz große Ding drehen. In Clausthal, wo er in den 80er Jahren an der TU Tiefbohrtechnik studierte, will er eine Fabrik für dünnschichtige Solar-Module bauen. Kosten in der ersten Ausbaustufe: 450 Millionen Euro, später vielleicht sogar 1,5 Milliarden. 650 Jobs soll die Anlage in der siechen Region schaffen. Saleh hat angeblich eine saudi-arabische Investorengruppe in der Hinterhand, die für das Geld sorgt. Gesehen wurden die Herren zwar bislang weder im Harz noch in Hannover. Aber immerhin ist Saleh Geschäftsführer der API Petrochemischen Industrieanlagen im hessischen Offenbach, die einem Saudi gehören. Und offenbar hat API bereits in der Schweiz Fertigungsanlagen im Wert von 200 Millionen Euro bestellt. Darüber freute sich bereits öffentlich der eidgenössische Anlagen-Bauer Oerlikon. Bereits im April 2007 könnte Baubeginn sein. Bloß: Wo werden die Anlagen stehen?

Das Projekt sorgt bereits für Goldgräberstimmung in dem ehemaligen Bergbaustädtchen. Die Spitzenrunde in der Staatskanzlei habe „einen Haufen zusätzlicher Argumente für eine Ansiedlung“ gebracht, sagte der Clausthaler Bürgermeister Peter Dietz. Die Nähe zu TU und zum geplanten Energieforschungszentrum in Goslar könnte helfen, meinte auch der CDU-Abgeordnete Rudolf Götz. Durch regionale Forschungsförderung könne man dem Projekt vielleicht auch auf die Sprünge helfen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Allerdings mache es keinen Sinn, sich auf einen Subventionswettlauf mit anderen Standorten einzulassen.

Ein Blick auf die Deutschlandkarte zeigt, dass die Harzer eigentlich keine Chance haben, die Arbeitsplätze nach Hause zu holen, weil Saleh vermutlich bald anderen Sinnes wird: Die meisten Standorte für die Produktion von Solarzellen liegen nicht ohne Grund im Osten, keiner in Niedersachsen. Nicht zufällig ist als Alternative für die API-Fabrik Thüringen im Gespräch: Laut EU-Richtlinien könnte die Solarfabrik dort mit etwa 58 Millionen Euro subventioniert werden, im Harz nur mit etwa der Hälfte. „Wir haben die Fachkräfte und liegen in der Mitte Deutschlands“, sagt Uta Neuhaus vom thüringischen Solarenergie-Verband „Solarinput“. In Thüringen bietet die Branche derzeit 1.500 Jobs, in Erfurt und Jena sind weitere Solar-Fabriken im Bau.

Vor der Förderung steht – auch in Niedersachsen – der Nachweis der Liquidität. Saleh muss also belegen, dass es die Investoren aus dem Morgenland wirklich gibt. Und dann, dass sie bereit sind, auf ein paar Millionen Euro Staatsknete zu verzichten, nur um sich in Salehs Studienort ansiedeln zu können.

Kai Schöneberg