LESERINNENBRIEFE
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Mehr Opferschutz nötig

■ betr.: „Das sind häufig sehr junge Mädchen“, taz vom 17. 6. 2014

Gegen eine stärkere Regulierung von Bordellen ist ja eigentlich nichts einzuwenden, schließlich muss auch jede „Wurstbude“ gesetzlichen Ansprüchen genügen. Es wäre jedoch an der Zeit, die Lage von Zwangsprostituierten zu verbessern, denen meist bei einer Auffindung die Abschiebung droht. Hier sollte Deutschland die entsprechende EU-Richtlinie zum verstärkten Opferschutz endlich umsetzen. Ebenso wäre es sicher zu begrüßen, wenn der Paragraf 177 StGB verschärft und damit Artikel 36 der „Istanbul-Konvention“ des Europarats zur Geltung verholfen würde (siehe taz vom 11. 6.). Schließlich ist bekannt, dass aktive Gegenwehr bei einer Vergewaltigung vermehrte Gewalt des Angreifers hervorrufen kann. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Keine Schuld? Absurd!

■ betr.: „Spekulationsgeschäft bei Greenpeace“, taz vom 16. 6. 14

Ingo Arzt schreibt in seinem Kommentar zum Finanzskandal, Greenpeace habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. 3,8 Millionen Euro verloren mit Währungsgeschäften!? Keine Schuld? Absurd!Ich habe mein Förderabo bei Greenpeace jedenfalls gekündigt. Der Verein scheint ja genug Geld zu haben. Meine Spenden gehen jetzt an Organisationen, die das Geld in Projekte stecken und nicht in den Londoner Finanzmarkt.

UWE ECKARDT, Eitorf

Wohlfeiler Aufruf

■ betr.: „Selbstgerechter Shitstorm“, taz vom 17. 6. 14

Jedes Jahr sterben ca. 8,8 Millionen Menschen an Hungertod. Unser Bundespräsident erwähnt diese fortwährende Grausamkeit nicht. Wiederholt dieses unfassbare Leid nicht immer wieder aufs Neue. Ermahnt uns nicht fortwährend unermüdlich, dagegen anzugehen. Aber er ist der Ansicht, dass wir im „Notfall“ auch zu den Waffen greifen sollten, um Ungerechtigkeiten, Massenmorde zu verhindern. Dass wir an bewaffneten Konflikten durchaus teilnehmen sollen. Für mich ist diese Ungleichheit der öffentlichen Erklärungen ein Skandal. Auch ist mir nicht bekannt, dass Herr Gauck bei unseren Waffenherstellern vorstellig wurde, um sie von der Waffenproduktion abzubringen oder sie zu veranlassen, keine Waffen mehr zu exportieren.

Wie schön wohlfeil ist es aus warmen Kissen heraus aus dem Schloss Bellevue oder aus irgendwelchen Redaktionsstuben zum Waffengang aufzurufen. Ich bin stolz darauf, dass immer noch eine Mehrheit in unserer Bevölkerung militärische Einsätze ablehnt. Die Verhinderung von gewalttätigen Auseinandersetzungen kann nur in vorausschauender deeskalierender Politik bestehen. Im Beenden jeglicher Waffenexporte. Im echten Bemühen um weltweiten wirtschaftlichen Ausgleich. Endlich ordentliche Ernährung, Unterkunft und Bildungszugang für alle Weltbürger anstreben. ELMAR HAHN, Langen

Schlachtenlärm der Zivilisation

■ betr.: „Unsere Frau in Bagdad“, taz vom 19. 6. 14

Der Artikel von Najem Wali mit den Hilferufen aus Bagdad (oder südlich davon) hat mich sehr bewegt – spiegelte er doch das Entsetzen wider, das mich mit den Nachrichten seit dem 10. Juni erfasst hat. Nur, was soll nun diese „Berichtigung“ auf der Kulturseite in der folgenden taz? Ist es dem ungenannten Verfasser wichtig, sich von den „archaischen“ Menschen im Irak zu distanzieren und sich die „aufgeklärten westlichen Ohren“ zu verschließen? Spricht der Verfasser von „archaisch“ im Sinne des alten Griechenlands oder der Barbaren, oder was ist hier gemeint? Und dröhnt uns nicht der Schlachtenlärm der von der „aufgeklärten westlichen“ Zivilisation entfesselten Kriege in den Ohren? Was soll das Gejammer über „Fluch und Segen“ elektronischer Kommunikation? Es ist ein Segen, dass es solche Artikel in der taz gibt – da gibt es nichts zu berichtigen.

MATTHIAS REBENTISCH, Bremen

Output-Lernen

■ betr.: „Die Angst vor den Bildungsaufsteigern“, taz v. 18. 6. 14

In Nordrhein-Westfalen entlarvt sich das marode Bildungswesen selbst. Im Zusammenhang mit ihrem „Profil“ sind hier die Schulen angehalten, in den jeweiligen Unterrichtsfächern ihre Beurteilungskriterien darzulegen. Geht man zum Beispiel auf die Homepage des Abtei-Gymnasiums Brauweiler, so kann man für das Fach Biologie zum Bereich „Unterrichtsgespräch“ bzw. „Partner- und Gruppenarbeit“ Interessantes finden. Die Note „ausreichend“ ist demnach zu erteilen, wenn die „Kompetenzausprägung“ „dem Unterrichtsgespräch aufmerksam folgen“ bzw. „Beiträge aufmerksam und aufgeschlossen anhören“ festgestellt wird! Abgesehen von der generellen Problematik der Beurteilung von Aufmerksamkeitsausprägungen scheint es für die ausreichende Leistung zu genügen, nicht über die Tische zu springen und sich mit Kursteilnehmern zu prügeln. Mit solchem „Output-Lernen“ kann man vielleicht im überfüllten Germanistikseminar untertauchen, in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Lernfeldern sowie den Ingenieurstudiengängen ist damit keine Klausur zu bewältigen. WERNER ROSENBECKER, Hiddenhausen