Stunde null in Mogadischu
: Kommentar von Dominic Johnson

Zwei Tage lang hat sich der UN-Sicherheitsrat vergeblich über Somalia unterhalten. Die unversöhnlichen Positionen der USA, die den äthiopischen Einmarsch unterstützen, und arabischer Länder, die ihn verurteilen, haben selbst eine Einigung auf eine unverbindliche Erklärung unmöglich gemacht. Damit hat sich das mächtigste diplomatische Gremium der Welt selbst ausgeschaltet – während Somalias Hauptstadt Mogadischu mit ihren zwei Millionen Einwohnern der Willkür der Milizen ausgeliefert ist.

Niemand kann derzeit einem drohenden Flächenbrand am Horn von Afrika Einhalt gebieten. Die Afrikanische Union, die Arabische Liga und die Regionalorganisation Igad haben zwar in seltener Einmütigkeit Äthiopiens Rückzug aus Somalia gefordert. Konsequenzen muss Äthiopien daraus allerdings nicht fürchten. Es hat die größte Armee des Kontinents. Und nicht nur in Somalia, sondern auch an der Grenze zu Eritrea nehmen derzeit die militärischen Spannungen gefährlich zu. Die UNO erwägt als Reaktion darauf, ihre Blauhelme weitgehend von der äthiopisch-eritreischen Grenze abzuziehen – eine weitere Kapitulation vor den Verhältnissen.

Diplomatisch ist in Somalia kurzfristig nichts zu erreichen. Denn Diplomatie funktioniert nur zwischen Staaten, und Somalia hat keinen Staat mehr, sieht man einmal von der längst selbständigen Republik Somaliland außerhalb der aktuellen Konfliktzone ab. Diplomatie zwischen Bürgern und gesellschaftlichen Interessengruppen wäre der einzige Weg zu einer friedlichen Neuordnung Somalias. Der letzte Versuch dazu mündete allerdings in die Scharia-Gerichte – und wurde mit internationaler Billigung zerschlagen, noch bevor sich daraus eine Dynamik der politischen Neuordnung entwickeln konnte.

Nun steht Mogadischu wieder am Nullpunkt. Das bietet immerhin eine Chance, die politische Macht neu zu verteilen. Wenn die international anerkannte „Übergangsregierung“ jetzt die Klugheit besäße, sich in Mogadischu nicht als Sieger aufzuführen, könnte diese Chance vielleicht genutzt werden. Aber auf internationaler Ebene fehlt derzeit eine überzeugende Stimme, die für diesen Weg wirbt.