BALKAN: DIE AUFPREISE FÜR AUSLÄNDISCHE TOURISTEN ABSCHAFFEN
: Gleiche Schnäppchen für alle!

Wenn Touristen in der Nähe sind, dann leuchten auf den Märkten in Kroatien bei den meisten Händler die Eurozeichen in den Augen auf. Plötzlich schnellen die Preise in die Höhe. Und nicht nur in Kroatien: Je weiter man auf dem Balkan nach Süden kommt, desto höhere Aufpreise verlangen die Kellner, Hoteliers und Taxifahrer. Nicht mehr überall, aber doch immer noch recht häufig, zahlen Ausländer einfach mehr als Einheimische.

„Die haben es ja“, heißt es zur Rechtfertigung: „Wir sind arm und die sind reich.“ Diese Devise gilt sogar, wenn der ausländische Tourist in einer alten Klapperkiste vorfährt und der einheimische Nachbar mit dem neusten Mercedes-Geländewagen. Das doppelte Preissystem für Inländer und Ausländer war schon im Sozialismus im ehemaligen Jugoslawien, in Bulgarien und Rumänien eine eingeübte Praxis und hat bis heute alle Brüche der Geschichte überdauert. In dieser Preisgestaltung schimmert noch das wohlige Gefühl der (sozialistischen) Volksgemeinschaft durch: „Wir“ besitzen gegenüber „denen“ ein Privileg, wenn auch nur ein kleines. Das hebt die Stimmung.

Mit dem Eintritt Bulgariens und Rumäniens hat der Balkan, bislang nur durch Griechenland vertreten, endgültig in der EU Fuß gefasst. Kroatien wird bald folgen, und dann nach und nach der ganze Rest. Dann müssten eigentlich auch auf dem Balkan überall gleiche Preise für alle gelten. Doch ein solcher Bewusstseinswandel dürfte nur unter harten Anstrengungen herbeizuführen sein.

Wie wäre es da mit der Drohung, dass alle Bewohner des Balkans bei einem Besuch nördlich der Alpen künftig für alle Waren und Dienstleistungen zehn Prozent mehr berappen müssten? Zumindest so lange, bis sich das Preisniveau zwischen Ausländern und Inländern auch auf dem Balkan endlich angeglichen hat?

Doch eine solche Retourkutsche, auch wenn der Journalist sie sich manchmal sehnlichst herbeiwünscht, hat natürlich keinerlei Aussicht auf Erfolg. Denn auch auf dem Balkan hat man verstanden, dass in der Demokratie Gewaltenteilung herrscht. Und Journalisten nichts zu entscheiden haben: schon gar nicht in der EU.

ERICH RATHFELDER, SPLIT