jungenförderung
: Männerquote statt Jungenstunde

Schon einmal erlebte nach Geschlechtern getrennter Unterricht eine Renaissance. In den 70er Jahren wurden Mädchen in den Naturwissenschaften getrennt unterrichtet, weil sie hier schlechtere Schulnoten hatten. Das Experiment war erfolgreich. Jetzt will NRW-Schulministerin Barbara Sommer mit Jungenstunden NRWs Jungen retten. Die lesen schlechter und landen viel häufiger auf der Hauptschule als ihre Altersgenossinnen. Das Ergebnis der 70er wird sie damit nicht erreichen. Denn die schulischen Misserfolge haben andere Ursachen: Die Mädchen hatten schlechten Physiknoten, weil ihnen über lange Zeit demotivierend die Kompetenz abgesprochen wurde. Die heutigen Jungen werden aber nicht diskriminiert, ihnen fehlen männliche Vorbilder.

KOMMENTAR VON MIRIAM BUNJES

Das lässt Jungen auf ganzer Linie im Schulsystem und später am Arbeitsmarkt scheitern. Sie werden bis zum zehnten Lebensjahr fast ausschließlich von Frauen erzogen. Noch immer sind vor allem die Mütter für Kinder unter drei zuständig. Und selbst wenn frau einen der wenigen Krippenplätze bekommt: Gerade mal 2,2 Prozent der Erzieherinnen in Kitas sind männlich, in der Grundschule sind es mit elf Prozent Lehrer immer noch viel zu wenig. Wie ein Mann auf Herausforderungen reagiert und reagieren soll, müssen Jungen mangels Alternative der Glotze entnehmen. Die Klischeemänner, die so entstehen, braucht das Land nicht – auch im Bildungssystem haben sie damit keinen Erfolg.

Denn auch inhaltlich macht das Lehrergeschlecht einen Unterschied: Männer legen bei der Erziehung mehr Wert auf Leistung, Frauen auf soziale Kompetenz, zeigen Studien. Männer wählen deshalb andere Kinderbücher, überlegen sich andere Spiele, loben andere Qualitäten. Kinder brauchen beides – und Jungen schadet die Einseitigkeit. Um ihnen zu helfen, braucht es keine Jungenstunden, sondern mehr männliche Lehrer. Auch dafür gibt es ein alterprobtes Instrument: Die Quote.