Geerbter Adel verpflichtet

Speicherstadt und Kontorhausviertel sollen Weltkulturerbe werden – aber erst, wenn die Hafencity in trockenen Tüchern ist. Aus der Sicht des Denkmalschutzes drohen angeblich keine Konflikte

Von Gernot Knödler

Die Erhebung in den Adelsstand muss warten. Nach Behördenangaben sollen die Speicherstadt und das Kontorhausviertel erst viel später als zunächst geplant auf die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO gesetzt werden. Spekulationen, auf diese Auszeichnung solle verzichtet werden, um die Entwicklungsmöglichkeiten der Hafencity nicht zu gefährden, wiesen die Kultur- und die Baubehörde gestern zurück. „Wir gehen nicht davon aus, dass hochragende Neubauten außerhalb des Kulturerbegebietes zum Problem werden“, sagte Björn Marzahn, der Sprecher der Kulturbehörde.

Der Plan, Hamburg zu der prestigeträchtigen Auszeichnung „Weltkulturerbe“ zu verhelfen, stammt aus dem Sommer 2005. Vertreter der Stadt, die Gebäude-Eigentümer und das Projekt „Lebendige Elbe“ kündigten an, sie wollten einen entsprechenden Antrag bei der Kulturorganisation der Vereinten Nationen einreichen. „Auf die Auszeichnung, eine Weltkulturstätte zu besitzen, wartet die Hansestadt bereits seit 1998, als Hamburg das Chilehaus anmeldete“, sagte die Verlegerin Angelika Jahr, die sich für das Projekt Lebendige Elbe engagierte. Schon 2007 könnten die beiden Gebäude-Ensembles den Titel in der Kategorie „Modernes Erbe“ erhalten, stellte Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) damals in Aussicht.

Nach Auskunft der Stadtentwicklungsbehörde will der Senat mit seinen Schätzen jetzt eher 2012 ins Rennen gehen. Ihre Behörde begrüße und unterstütze zwar die Anträge, sagte Pressesprecherin Kerstin Feddersen. „Wir sehen aber nicht die zeitliche Priorität.“ Wegen der Schwierigkeiten, die es anderswo gegeben habe, wolle die Behörde zuerst die Hafencity „in trockenen Tüchern“ haben.

In der Tat hat das Weltkulturerbe einige Städte in Verlegenheit gebracht. Köln wollte die Aussicht auf seinen Dom mit 120 Meter hohen Wolkenkratzern verstellen. Nach dem Protest des Internationalen Rates für Denkmalpflege (Icomos) ließ der Stadtrat davon ab. Ein ähnlicher Streit um eine zusätzliche Elbbrücke vor der berühmten Silhouette Dresdens ist noch offen.

Hamburg kann das nach Auffassung der Behörden nicht passieren. Die geplanten Hochbauten in der Hafencity, etwa die mehr als 100 Meter hohe Elbphilharmonie, gefährdeten das Prädikat „Weltkulturerbe“ nicht. Icomos habe in einem Gutachten für die Stadt festgestellt, dass das Kulturerbe der Hafencity keine Beschränkung auferlegen würde, sagte Kulturbehördensprecher Marzahn. Die Behauptung, dass es Unstimmigkeiten zwischen der Kultur- und der Stadtentwicklungsbehörde gebe, sei daher Unsinn.

Im Gutachten werde die Elbphilharmonie sogar als Bereicherung bewertet, ergänzte Baubehörden-Sprecherin Feddersen. „Wir werden bei der Entwicklung der Hafencity“, verspricht sie, „auch das Weltkulturerbe im Hinterkopf haben.“